Mit Kanonen auf Spatzen schießen – oder mit Fischfutter auf Wendehälse
Wundern tut’s mich nicht, dass jemand wie der Grünen-Politiker Ströbele einem Blogger seinen Beitrag verbieten lassen will. Schließlich ist es ja auch ziemlich peinlich, dass jemand, der früher jede Form der staatlichen Macht radikal abgelehnt hat, jetzt wegen einer Lappalie eben jene staatliche Macht zur Hilfe ruft.
Da wird jemand in einem Angelteich von Anglern mit Fischfutter beschossen. Würde mich übrigens auch aufregen und ich würde mir diejenigen höchstwahrscheinlich vorknöpfen. Allerdings würde mir wohl nicht die Idee kommen, deswegen eine Strafanzeige zu machen. Schon gar nicht, wenn diejenigen minderjährig wären.
Für Ströbele scheint dies jedoch eine völlig angemessene Reaktion zu sein. Anscheinend aber wiederum nicht so angemessen, dass jemand darüber schreiben darf. Da wird dann ein zweites Mal staatliche Hilfe in Anspruch genommen und nach einem Verbot geschrien. Wär’ ja noch schöner, wenn jemand einfach über etwas, das real passiert ist, auch schreiben darf.
Ja, was denn nun, Herr Ströbele? Sie waren doch früher mal ein Verfechter der freien Presse! Und zudem ein erklärter Sympathisant der Anarchie.
Irgendwie passt das nicht zusammen. Aber irgendwie dann wieder doch. Denn ist es ja nun mal etwas völlig anderes, wenn jemand selbst betroffen ist.
Und dabei hat Ulrike Meinhof 1970 doch ausdrücklich formuiert: " Und natürlich kann geschossen werden.“
behrens am 01. Dezember 11
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Na also, geht doch!
Dass es nicht immer zu unerfreulichem Schlagabtausch kommen muss, wenn es um Religion geht, habe ich vor kurzem bei dem Treffen mit meinem früheren Kollegen erfahren. Ich erwähnte ihm gegenüber, dass ich von Zeit zu Zeit Seminare mache, in denen es um Meditation geht. Allerdings nicht um buddhistische – das wäre für viele völlig in Ordnung – sondern um christliche. Und siehe da, obwohl mein Gesprächspartner selbst nichts mit Religion anfangen kann und bewusst aus der Kirche ausgetreten ist, musste ich mir weder Vorträge darüber anhören, wie dämlich es ist, gläubig zu sein, noch musste ich Belehrungen über mich ergehen lassen, wie übel die Kirche doch sei.
Man glaubt es kaum – aber es war möglich, sich völlig gelassen über das Thema Glauben auszutauschen. Ich empfinde dies als Respekt, der einem Andersdenkenden entgegengebracht wird. Und erst dieser Respekt macht es möglich, bei der Auseinandersetzung über das Thema Glauben in die Tiefe zu gehen und zu erfahren, was Glauben denn überhaupt für das Gegenüber bedeutet. Die Gottesvorstellung von jemand, der nicht gläubig ist, stimmt nur selten mit der desjenigen überein, der gläubig ist. Belässt man in einer Diskussionen bei der Projektion der eigenen Vorstellungen, ist dies einem wirklichen Austausch wenig nützlich. Aber um wirklichen Austausch geht es eben manchem auch gar nicht, sondern mehr um selbstgefälliges Dozieren, in welchem sowieso schon feststeht, was richtig und was falsch ist.
Würde man dieses Gespräch auf die übergeordnete Ebene des Dialogs der verschiedenen Glaubensrichtungen übertragen, könnte man tatsächlich doch so etwas wie Hoffnung auf Verständigung entwickeln. Und die wird man bei dem Konfliktpotential, das zwischen den Kulturen besteht, mehr denn je brauchen.
behrens am 27. November 11
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Nach langer Zeit
Vor kurzem habe ich mich mit einem früheren Kollegen getroffen, den ich seit mittlerweile zwanzig Jahren nicht mehr gesehen habe. Wir waren damals beide auf befristeter Basis bei einem Beschäftigungsträger angestellt und unser Arbeitsort war das Arbeitsamt, wo ich Langzeitarbeitslose und er jugendliche Arbeitslose beraten haben. Im Gegensatz zu mir ist der Kollege der Sozialarbeit treu geblieben und arbeitet bei einem Fortbildungsträger.
Es ist schon merkwürdig, sich mit jemand nach so langer Zeit zu treffen. Eigentlich hätte man erwarten können, dass man sich irgendwie fremd ist. Dies war aber nicht der Fall. Im Grunde etwas, worüber man sich freuen könnte. Mich hat es aber eher nachdenklich gemacht. Denn mir ist schmerzhaft bewusst geworden, dass ich die Art Gespräch, wie ich sie an dem Abend geführt habe, schon seit langem nicht mehr erfahren habe. Wir konnten endlos über Reisen reden und für mich gibt es nichts Interessanteres, als sich über die Orte zu unterhalten, die man gemeinsam durch das Reisen kennengelernt hat. Es tut ungemein gut, die Faszination für fremde Kulturen mit jemandem zu teilen. Ich wurde ein wenig neidisch, als mein früherer Kollege von einem Sabbatjahr erzählte, in dem er gemeinsam mit seiner Frau Südamerika bereiste.
Zwanzig lange Jahre bieten auch die Möglichkeit eines Vergleichs der enormen gesellschaftlichen Veränderungen, mit denen wir beide in unserer Arbeit konfrontiert sind. Einen Vergleich, der auf praktischer Erfahrung jenseits jeglicher Theorie basiert. Dabei geht es dann nicht um das zweifelsfreie „richtig“ oder „falsch“, sondern um eine Bestandsaufnahme dessen, was sich in unserer Arbeit verändert hat.
Während ich immer der Meinung war, dass es außer mir niemanden mehr gibt, der eine Wohnung ohne Badezimmer bewohnt, wurde ich jetzt eines Besseren belehrt, denn mein früherer Kollege bewohnt mit seiner Frau ebenfalls eine Altbauwohnung ohne Bad und wir beide haben in der Küche eine sogenannte „Heimdusche“. Dadurch rutscht die Wohnung im Mietenspiegel in eine Kategorie, in der die Miete erheblich geringer ausfällt. Das wiederum erhöht das Budget für die Reisen oder für eine berufliche Auszeit. Und damit wären wir wieder beim Thema: was steht an erster Stelle im Leben? Das ist eine Frage, die immer nur höchst individuell beantwortet werden kann. Aber wie auch immer die Antwort ausfallen mag – es lebt sich leichter, wenn man nicht nur mit Menschen zu tun hat, deren Antwort völlig konträr zur eigenen ausfällt.
Und deswegen hat mich das Treffen nachdenklich gemacht. Gespräche über Reisen oder über Arbeitsinhalte sind selten geworden in meinem Leben. Genauso wie Menschen, die kein Problem mit dem Verzicht auf materielle Annehmlichkeiten haben.
Und ich träume. Von einem Sabbatjahr.
behrens am 26. November 11
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