Samstag, 26. Dezember 2009
Stichwort Buddhismus
Erstaunliche Ähnlichkeiten zwischen westlicher Wissenschaft und Buddhismus

Eine höchst interessantes Phänomen ist für mich die Tatsache, daß sich viele ranghohe Buddhisten für westliche Wissenschaft interessieren. Nicht nur der Dalai Lama, sondern auch andere buddhistische Lehrer betreiben unter der Anleitung von westlichen Wissenschaftlern Studien und insbesondere die Quantenphysik stößt dabei auf großes Interesse. Momentan lese ich gerade das Buch „Buddha und die Wissenschaft vom Glück“ von Yongey Mingyur Rinpoche. Neben seinem schon als Kind begonnenen Studium des Buddhismus hat Yongey Mingyur auch schon früh ein ausgeprägtes Interesse an westlichen Wissenschaften entwickelt.

Dies ist auch nicht so verwunderlich, denn einige wissenschaftliche Thesen drücken genau das aus, was der Buddhismus schon seit viel längerer Zeit mit seiner Lehre vermitteln will. Es geht hier im Groben um die Unverläßlichkeit der menschlichen Erkenntnis. In der Quantenphysik wird ausgesagt, daß Materie manchmal stoffliche Eigenschaften zeigt, die man mit Teilchen in Verbindung bringt und manchmal die Eigenschaft von Energie-„Wellen“. Diese Erkenntnis hat die klassische Vorstellung zusammenbrechen lassen, in der Zustand des Universums durch die Positionen und Geschwindigkeiten der Teilchen beschreiben läßt.

Alles, was aus der Leerheit in Erscheinung tritt – Sterne, Galaxien, Lebewesen, Gegenstände und auch unsere Wahrnehmung von Zeit und Raum - , ist ein relativer Ausdruck der grenzenlosen Möglichkeit, eine momentane Erscheinung im Kontext der Unendlichkeit von Zeit und Raum. Mit anderen Worten, die Teilchen, aus denen sich das Universum aufbaut, können aus einer Sicht als „Dinge“ und aus einer anderen Sicht als sich durch Zeit und Raum erstreckende Ereignisse betrachtet werden.

Was mich eigentlich an dem Ganzen so fasziniert, ist die Tatsache, daß hier im Westen mühsam Schritt für Schritt durch Forschung und Studium Erkenntnisse entwickelt wurden, die in einer anderen Kultur auf einem ganz anderem Weg, nämlich durch den der Religion, also durch intuitives Erkennen entwickelt wurden. Zwei völlig unterschiedliche Wege – und ein verblüffend ähnliches Resultat.



Samstag, 29. August 2009
Besuch bei Nikolaus von Kues
Habe in meinem Kurzurlaub die Möglichkeit gehabt, mir in Kues das Geburtshaus von Nikolaus von Kues anzusehen. Es befand sich zwar nichts mehr im Hause, was tatsächlich aus seiner Zeit stammt, aber trotzdem genieße ich es, mich an die Plätze zu begeben, an denen Menschen lebten, deren Denken ich verehre. Ich habe nur wenig von Nikolaus von Kues gelesen, aber ich war sofort von seiner Formulierung „Gott ist die Unendlichkeit“ beeindruckt. Nikolaus von Kues stellt mit seiner Theologie den Übergang von der mittelalterlichen Scholastik zum Humanismus, zur Neuzeit dar. Er hat sich völlig vom anthropomorphen Gottesbild gelöst und sieht die „unendlich gedachte Welt als Entfaltung Gottes, daher selbst göttlich, wie auch der Mensch, der eine Welt im Kleinen, einen Mikrokosmos, darstellt“.

Das kleine Büchlein, das ich mir gekauft habe „De visione Dei – das Sehen Gottes“ habe ich gerade erst begonnen. Aber es wird schon zu Beginn ein beeindruckendes Beispiel für das Sehen genannt. Am Beispiel einer Ikone beschreibt er, wie die Art der Darstellung dem Betrachter den Eindruck gibt, daß speziell er von dem Bild angesehen wird, und zwar egal in welcher Himmelsrichtung er positioniert ist. Er formuliert ein „Sehen als solches“ (abstractum visum), das er geistig (mente) „von allen Augen losgelöst“ hat. Also ein universelles Sehen. Und damit begibt sich Nikolaus von Kues für mich erstaunlich in die Nähe des Buddhismus. Letzterer lehnt zwar alles Sehen letztendlich als trügerisch ab, aber dennoch ist der buddhistische Begriff der Erleuchtung dem „universellen Sehen“ bemerkenswert ähnlich. Und die Bezeichnung des Menschen als Mikrokosmos ist der Philosophie des Taoismus nicht unähnlich.

Und genau das ist es, was mich so fasziniert: das Entdecken von Gemeinsamkeiten in verschiedenen Religionen. Denn eben diese Gemeinsamkeiten geben Aufschluß über das menschliche Sein. Das, was jeder Kultur und jeder Epoche ähnlich ist, kann uns vielleicht einen Weg aufzeigen zu den hinter den Dingen liegenden Wahrheiten.

Übrigens hält Nikolaus von Kues den Menschen nicht für fähig, die Unendlichkeit zu verstehen. Somit kann er im Grunde auch Gott nicht - zumindest nicht auf intellektuelle Weise - verstehen. Das unterscheidet sich endlich einmal angenehm von dem vorherrschenden Allmachtsgebahren der dogmatischen Gläubigen (wie auch der Atheisten).

So, und jetzt lese ich mein kleines Büchlein weiter.