Sonntag, 8. März 2020
Internationaler Frauentag – ein Statement aus dem Jahr 1978 und ein Aufruf aus dem Jahr 2020
1978:
„Wenn ein Ausländer auf der Straße zusammengeschlagen wird, ist das Politik.
Wenn eine Frau in ihrer Wohnung mißhandelt wird, sind das Privatschwierigkeiten, Beziehungsstörungen.
Wenn ein Arbeiter kein Mitspracherecht hat bei der Produktion, ist das Politik.
Wenn Frauen kein Mitspracherecht haben über ihr eigenes Leben, sich nicht wegzulaufen trauen, weil sie nirgends hinkönnen, weil sie Angst haben vor seiner Rache oder daß ihnen die Kinder weggenommen werden, dann ist das privat.“
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Anja Meulenbeult (*1945) aus „Die Scham ist vorbei“ (1978).

2020:
„Wer die Nutte ran bringt, 2000 Euro, Berlin-Charlottenburg.“:
Rapper „Fler“ (*1982) auf Instagram (2020)

Dieser Aufruf wurde von dem Rapper „Fler“ auf Instagram veröffentlicht und bezog sich auf eine junge Frau, die unter dem Hashtag „#unhatewomen“ aus seinen Texten zitierte, dem Aufruf wurde ein Foto der Frau beigefügt. Das Hashtag ist Teil einer Kampagne der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes, in der Texte aus Rap-Songs zitiert werden, die Gewalt gegen Frauen verharmlosen und propagieren.

Hat sich in den über vierzig Jahren etwas für Frauen verändert? Ja, es hat sich erheblich etwas verändert, denn im Gegensatz zum Jahr 1978, in welchem Frauen zwar für ihr Engagement heftigst kritisiert wurden, belässt man es im Jahr 2020 nicht mehr mit Kritik, sondern es wird eine mit übelster Gewalt verbundene Hetzjagd veranstaltet.

Was hat das jetzt mit dem Zitat von Anja Meulenbelt zu tun? Muss man eigentlich nicht erklären, denn diese Welle von Gewalt gegen Frauen wird auch im Jahr 2020 immer noch als ein Privatproblem kleingeredet. Während bei Gewalt gegen Migranten binnen weniger Stunden eine Großdemo und ein Solidaritätskonzert veranstaltet wird, folgt auf Gewalttaten gegen Frauen nur ein Schulterzucken. Ja – natürlich muss es Reaktionen auf Gewalt gegen Migranten geben, es stellt sich nur die Frage, warum grundsätzlich mit zweierlei Maß gemessen wird. Ich kann mich nicht erinnern, dass es für die Hetzjagd auf Frauen Sylvester 2015/2016 ein Solidaritätskonzert gab, obwohl Hunderte von Frauen betroffen waren und die Angriffe zeitgleich in mehreren Städten (auch außerhalb Deutschlands) stattfanden. Eine wirklich sehr spannende Frage…

Ich glaube, viel mehr muss man nicht sagen zur Bedeutung des Internationalen Frauentags.



Dienstag, 28. Januar 2020
Heute vor 75 Jahren
Ich bin mit meinen Gedanken in Auschwitz. Und wie immer bin ich dabei fassungslos, denn man kann es nicht erfassen, was dort geschah. Gleichzeitig verspüre ich eine tiefe Hochachtung vor den Holocaustüberlebenden, die es sich zumuten, nochmals an diesen Ort des Schreckens zurückzukehren, um zu mahnen und zu erinnern. Und dabei berührt es mich immer wieder zutiefst, wie wenig Hass diese Menschen zeigen und dabei sogar auch noch oftmals darauf hinweisen, dass es Unterschiede zwischen den SS-Offizieren gab und nicht jeder ein Monster war. Ich hätte diese Großmut sicher nicht. Aber dies ist wohl auch der Grund meiner Bewunderung für die Holocaustüberlebenden – die Fähigkeit, sich sogar im Angesicht schlimmster Unmenschlichkeit und größten Leidens Menschlichkeit zu bewahren.

Das Massenmorden in Auschwitz war nur möglich, weil die Bevölkerung in einer Mischung aus Gleichgültigkeit, Bequemlichkeit und Obrigkeitsdenken kollektiv weggesehen hat. Hier müssen wir ansetzen, wenn es darum geht, eine Wiederholung der Geschichte zu verhindern. Und wenn uns das wirklich ernst ist, kommen wir nicht umhin, unsere Augen in alle Richtungen offenzuhalten. Antisemitismus gibt es nicht nur in der rechten Szene, sondern auch in linken Kreisen und unter Muslimen. Wenn Juden in Neukölln keine Kippa mehr tragen können, ohne tätliche Angriffe zu riskieren und wenn Linke offen zum Waren- und Kulturboykott Israels aufrufen, ist das nicht weniger schlimm, als wenn die AFD den Naziterror als „Vogelschiss in der deutschen Geschichte“ verharmlost. Es ist höchst besorgniserregend, wie sich in Deutschland eine Tendenz zur Relativierung des Antisemitismus etabliert.

Es mag unbequem sein, den Blick auch auf diejenigen zu richten, die selbst auch oft Diskriminierungen ausgesetzt sind, oder die für sich in Anspruch nehmen, die einzig wahren Verteidiger von Minderheiten zu sein. Bei beiden riskiert man, sofort in die rechte Ecke gestellt zu werden. Aber dies Unbequemlichkeit muss man sich zumuten.



Mittwoch, 15. Januar 2020
Was ich mir für das Jahr 2020 wünsche:
Ganz spontan wünsche ich mir für das Jahr 2020:

Ein riesengroßes Solidaritätskonzert der Toten Hosen für all diejenigen, deren Leben bedroht wird, weil sie von dem Recht der Meinungsfreiheit Gebrauch machen, sich kritisch gegenüber dem Islam oder anderen Religionen zu äußern. Ein großes Konzert, in dem sich endlich einmal solidarisiert wird mit Menschen wie Ayaan Hirsi Ali, Hamed Abdel-Samad, Raif Badawi, Robert Redeker, Seyran Ates.
Menschen, die sich nicht mehr frei bewegen können, sondern auf Schritt und Tritt bewacht werden verdienen Solidarität.

Eine selbstverpflichtende Aktion der Friday for Future Bewegung, ab sofort nichts mehr neu zu erwerben, was noch repariert oder ausgebessert werden kann. Dann würde ich mich vielleicht sogar dazu entschließen, freitags auch mitzumarschieren.

Lebenslanger Führerscheinentzug für Menschen, die durch illegales Wettrasen Menschen getötet haben. Da dieser Vorschlag mit Sicherheit als menschenverachtend kritisiert werden wird, eine Abmilderung der Strafe: ein kostenfreies Fahrrad oder wahlweise ein Dauerabo für öffentliche Verkehrsmittel.

Ab sofort für alle Bezieher von Hartz IV oder Grundsicherung die Möglichkeit, Museen oder Ausstellungen mit einer Ermäßigung des Eintrittspreises auf zwei Euro zu besuchen. Außerdem muss jedes Theater ein bestimmtes Kontingent von Karten für diese Gruppen bereitstellen, die nicht mehr als etwa 20 % des normalen Eintrittspreises betragen dürfen. Keine Angst, dass dies zu Riesenunkosten führen könnte - die meisten interessieren sich eh viel mehr für ihre Influencer als für Museen oder Galerien.