Die Zeit wird zeigen...
Gerade läuft auf BR-Alpha die Tagesschau vor 25 Jahren, in der ein Ausschnitt aus den DDR-Nachrichten gezeigt wird. Es geht um die Reaktion auf den Vorwurf Kohls, es gäbe in der DDR Konzentrationslagern für politische Gefangene. Die DDR kontert entrüstet, dass es in der DDR keine Konzentrationslager, sondern nur Gefängnisse geben würde. In diesen befänden sich nur gewöhnliche kriminelle Straffällige und keine politischen Gefangenen. Abgesehen von Kohls erster polemischen Aussage, die Gefängnisse mit Konzentrationslagern gleichsetzt, hat sich seine zweite Aussage nach Öffnung der Mauer als durch und durch wahr erwiesen.
Mich macht dieses Lügen immer noch wütend – auch jetzt noch nach über zwanzig Jahren. Wütend, dass ein riesengroßes Unrecht einfach weggelogen wurde. Wütend über die unendlich vielen Diskussionen, in denen Ideologie gegenüber der Wahrheit immer den Kürzeren zog. Und vor allem wütend darüber, dass dieses Unrecht weder eingestanden geschweige denn gutgemacht wurde.
Und jetzt folgt auch noch eine kurze Meldung über die friedlichen Proteste chinesischer Studenten, die sich dagegen wehren, dass ihr Wunsch nach mehr Demokratie gleichgesetzt wird mit anarchistischer Zersetzung. Zwei Jahre später wurden die durch und durch friedliche Besetzung des Platzes des himmlischen Friedens in unvergleichlicher Brutalität grausam niedergeschlagen. Auch das macht mich unsagbar wütend. Mir fällt dabei der Kommentar Margot Honeckers ein, die dem chinesischen Regime vollste Berechtigung für ihr Gemetzel aussprach.
Merkwürdigerweise machen längst vergangene Nachrichten wütender als aktuelle. Denn inzwischen hat sich vieles, was damals nur vermutet wurde, als real herausgestellt. Die Zeit hat den glasklaren Beweis dafür erbracht, dass etwas zu Unrecht geschehen ist. Ändern tut sich deswegen aber noch lange nichts.
behrens am 09. Januar 12
|
Permalink
| 0 Kommentare
|
kommentieren
Schlecht geschlafen
Vorgestern habe ich mir im Fernsehen „Schindlers Liste“ angesehen. Bisher hatte ich den Film nie zu Ende gesehen und kannte nur Ausschnitte. Es ist kaum möglich, so einen Film anzusehen, ohne hinterher völlig aufgewühlt und fassungslos zu sein. Meinem Freund ging es genauso und insbesondere die Szenen mit den Kindern gingen ihm sehr nahe. Auf der anderen Seite weckt der Film auch eine Mordswut auf die Nazischergen, die mit unvergleichlichem Sadismus Menschen quälten. Ich habe im Anschluss an den Film noch ein wenig recherchiert und viele der Filmfiguren, wie z.B. die des Amon Göth, waren durchaus authentisch.
Und wie immer frage ich mich nach so einem Film nach dem Warum. Sind solche Menschen eigentlich noch Menschen oder einfach nur noch Bestien? Die Antwort lautet leider, dass es sich um Menschen handelt und dies macht die Sache noch schrecklicher, denn es wird der Abgrund deutlich, den das menschliche Wesen in sich birgt.
Bis zum Alter von etwa neunzehn Jahren war ich der Meinung, dass sich so eine Katastrophe nicht wiederholen könnte, da wir ja alle aus Auschwitz gelernt und uns weiterentwickelt hätten. Als ich dann aber eine Tätigkeit in einer Anwaltskanzlei aufnahm, kam meine Meinung ins Schwanken. Ich war plötzlich mit Menschen konfrontiert, deren Standardspruch lautete: „Issas mein Problem, oder was?“ Menschen, die vor dem Chef kuschten, als würde ihr Leben auf dem Spiel stehen. Menschen, die tagaus – tagein nur über Möbeleinkäufe, das Gedeihen ihrer Kinder und nicht anwesende Kolleginnen redeten und die nichts, absolut gar nichts anderes interessierte.
Um es deutlich zu sagen, ich glaube nicht, dass dieser Typ Mensch die Intention hätte, jemanden zu töten oder zu misshandeln. Aber dieser Typ Mensch wäre mit Sicherheit in der Lage, all diese Greultaten mitanzusehen ohne auch nur den geringsten Grund zum Eingreifen zu sehen – solange es nicht um eigene Angehörige geht. Das Gros der Menschen wird auch heute immer noch einzig und allein darauf achten, für sich selbst zu sorgen.
Und auch deswegen schlafe ich nach solchen Filmen schlecht – weil Auschwitz sich jederzeit wiederholen könnte. Auch wenn es heute mit Sicherheit wachsame Menschen gibt, die bei Absehbarkeit einer vergleichbaren Entwicklung laut aufschreien würden – an der menschlichen Natur hat sich nichts Grundlegendes geändert. Es gibt immer noch Menschen, die abgrundtief hassen. Und die Gruppe derer, auf die der Hass abzielt, ist austauschbar. Es kann sich um Menschen handeln, die einen anderen Glauben haben, einer anderen Kultur angehören, eine andere politische Meinung vertreten, eine andere Sexualität leben oder die sich keinen Geschlechtervorschriften unterwerfen wollen. Und es gibt immer noch Menschen, die ducken und selbst dann kuschen, wenn es gar nichts zu befürchten gibt.
Unweigerlich fragt man sich bei dem Ansehen eines Films wie „Schindlers Liste“, wie man selbst gehandelt hätte. Und genau das ist es, was so beunruhigend ist – man weiß es nicht. Man kann nicht sagen, wie sehr Angst das eigene Handeln gelähmt hätte. Wie groß die Furcht vor Misshandlung und Tod gewesen wäre. Der Krieg bringt im Menschen das Schlechteste hervor. Dieser Ausspruch ist leider erschreckend wahr.
Mit Kanonen auf Spatzen schießen – oder mit Fischfutter auf Wendehälse
Wundern tut’s mich nicht, dass jemand wie der Grünen-Politiker Ströbele einem Blogger seinen Beitrag verbieten lassen will. Schließlich ist es ja auch ziemlich peinlich, dass jemand, der früher jede Form der staatlichen Macht radikal abgelehnt hat, jetzt wegen einer Lappalie eben jene staatliche Macht zur Hilfe ruft.
Da wird jemand in einem Angelteich von Anglern mit Fischfutter beschossen. Würde mich übrigens auch aufregen und ich würde mir diejenigen höchstwahrscheinlich vorknöpfen. Allerdings würde mir wohl nicht die Idee kommen, deswegen eine Strafanzeige zu machen. Schon gar nicht, wenn diejenigen minderjährig wären.
Für Ströbele scheint dies jedoch eine völlig angemessene Reaktion zu sein. Anscheinend aber wiederum nicht so angemessen, dass jemand darüber schreiben darf. Da wird dann ein zweites Mal staatliche Hilfe in Anspruch genommen und nach einem Verbot geschrien. Wär’ ja noch schöner, wenn jemand einfach über etwas, das real passiert ist, auch schreiben darf.
Ja, was denn nun, Herr Ströbele? Sie waren doch früher mal ein Verfechter der freien Presse! Und zudem ein erklärter Sympathisant der Anarchie.
Irgendwie passt das nicht zusammen. Aber irgendwie dann wieder doch. Denn ist es ja nun mal etwas völlig anderes, wenn jemand selbst betroffen ist.
Und dabei hat Ulrike Meinhof 1970 doch ausdrücklich formuiert: " Und natürlich kann geschossen werden.“
behrens am 01. Dezember 11
|
Permalink
| 0 Kommentare
|
kommentieren