Dienstag, 16. November 2010
Kopflos
Den Kopf hinhalten für jemanden.
Das habe ich oft gemacht.
Weil ich es wollte und weil es wichtig ist.
Weil man kein Tier ist,
das nur für’s Fressen lebt.
Aber jetzt werde ich müde,
für andere den Kopf hinzuhalten.
Denn das ist etwas, das auf
Gegenseitigkeit beruhen sollte.
Und ist es nur einseitig,
muss man es irgendwann lassen.
Alles andere wäre Masochismus.
Eine traurige Erkenntnis bleibt:

Es hat sich nicht bewährt.



Samstag, 13. November 2010
Potemkinsche Dörfer
Nein, ich mag sie nicht – die potemkinschen Dörfer.
Diese Dörfer, in denen niemand wohnen kann.

Die nur dem Blick aus der Ferne standhalten
Und beim näheren Hinsehen als Lüge entpuppen.

Wer nur vorbeifährt, findet sie schön.
Wer anhält, ist entsetzt.

Aber manche halten gar nicht an.
Weil ihnen der Blick aus der Ferne reicht.

Nicht weil man nicht drin wohnen kann.
sind diese Dörfer so gefährlich.

Das große Unglück besteht darin,
dass keine wirklichen Dörfer mehr gebaut werden.

Potemkinsche Dörfer nutzen niemandem.
Nur ihrem Erbauer.

Reißt sie endlich ab, die potemkinschen Dörfer.
Damit die Menschen Obdach finden.

Nein, ich mag sie nicht – die potemkinschen Dörfer.
Und ihren Erbauer noch viel weniger.



Montag, 8. November 2010
Homo homini lupus
Der Homo oeconomicus sieht in jedem sich selber. Er leugnet die Artenvielfalt und wähnt sich überall und immer unter gleichen. Sein ständiger Begleiter ist die Angst, von anderen so behandelt zu werden, wie er selbst andere behandelt.

Der Homo oeconomicus wittert Betrug auch da, wo keiner ist. Der Homo oeconomicus ist entweder auf Nahrungssuche oder aber auf der Lauer vor Konkurrenten von denen er sich umzingelt fühlt. Oder aber er verteidigt sein Territorium, das ihm nie groß genug ist. Er faucht und knurrt und fährt die Krallen aus, wenn er sich bedroht fühlt – und das fühlt er sich fast immer. Man kann sich ihm nur unterwerfen oder flüchten.

Der Homo oeconomicus und der Mensch – das wird nie passen. Und einer von beiden muss verschwinden. Den wird man dann allenfalls noch im Zoo besichtigen können. Als Erinnerung an unsere menschlichen Wurzeln.

Der Mensch ist dem Mensch ein Wolf – das war nur der Anfang. Bald werden wir es mit dem Lupus oeconomicus zu tun haben und uns nach den Wölfen zurücksehnen.