Homo homini lupus
Der
Homo oeconomicus sieht in jedem sich selber. Er leugnet die Artenvielfalt und wähnt sich überall und immer unter gleichen. Sein ständiger Begleiter ist die Angst, von anderen so behandelt zu werden, wie er selbst andere behandelt.
Der Homo oeconomicus wittert Betrug auch da, wo keiner ist. Der Homo oeconomicus ist entweder auf Nahrungssuche oder aber auf der Lauer vor
Konkurrenten von denen er sich umzingelt fühlt. Oder aber er verteidigt sein Territorium, das ihm nie groß genug ist. Er faucht und knurrt und fährt die Krallen aus, wenn er sich bedroht fühlt – und das fühlt er sich fast immer. Man kann sich ihm nur unterwerfen oder flüchten.
Der Homo oeconomicus und der Mensch – das wird nie passen. Und einer von beiden muss verschwinden. Den wird man dann allenfalls noch im Zoo besichtigen können. Als Erinnerung an unsere menschlichen Wurzeln.
Der Mensch ist dem Mensch ein Wolf – das war nur der Anfang. Bald werden wir es mit dem Lupus oeconomicus zu tun haben und uns nach den Wölfen zurücksehnen.
behrens am 08. November 10
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Manchmal irren auch große Dichter
Es bleibt einem jeden immer noch so viel Kraft, das auszuführen, wovon er überzeugt ist.
Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
Schön wär’s ja, aber leider ist das in der Realität nicht immer so.
In meiner Tageszeitung gibt es einen täglichen Aphorismus, und manche davon schreibe ich auf. So auch diesen hier. Obwohl der eigentlich gar nicht zutrifft.
Überzeugungen können schwinden. Oder sich langsam aufreiben. Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Vielleicht resigniert der Mensch einfach irgendwann, wenn sich nie Erfolg einstellt. Vielleicht weiß man irgendwann einfach nicht mehr genau, wovon man eigentlich überzeugt ist. Oder zweifelt daran, ob der Aufwand lohnt.
Es gibt sicherlich Überzeugungen, für die die Kraft nie ausgeht. Wenn jemand überzeugt ist davon, einmal viel Geld zu verdienen. Oder wenn jemand davon überzeugt ist, seinen Vorteil durchzusetzen. Oder davon, sich durchzuboxen. Oder sich jedem und allem anzupassen. Dann ist der natürliche Egoismus die Kraftquelle. Und die ist somit unerschöpflich.
Bei Überzeugungen ideeller Art ist es aber schwieriger. Wer überzeugt davon ist, dass man gegen
Ungerechtigkeit kämpfen sollte, braucht dafür viel Kraft. Und einen langen Atem. Aber manchmal geht die Puste aus. Man wird müde und muss sich ausruhen.
Manchmal braucht man auch eine Schulter, an die man sich lehnen kann. Aber Schultern werden seltener. Und selbst wenn sich doch eine findet, reicht auch das irgendwann nicht mehr. Und deswegen stimmt es nicht, was Goethe schreibt. Manchmal bleibt einfach nicht mehr genug Kraft, um das auszuführen, wovon man überzeugt ist. Der Mensch ist kein Pepetuum mobile und funktioniert nicht einfach aus sich heraus.
behrens am 07. November 10
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In vino veritas und Chapeau
Manchmal gibt es trotz aller Schwierigkeiten und Probleme doch noch ein paar Glücksmomente. Ich komme gerade von einem Restaurantbesuch zurück. Jede Menge Sushis und jede Menge grüner Veltliner. Ich bin eigentlich nicht mehr nüchtern genug, um einen Blogbeitrag zu schreiben – aber notfalls kann man den ja löschen, wenn man wieder nüchtern ist.
Ich habe etwas gefeiert. Und zwar das Rückgrat meines Kollegen. Und gleichzeitig eine Premiere. Gewissermaßen eine Rückgrat-Premiere. Das erste Mal in vielen Arbeitsjahren hat jemand Rückgrat bewiesen und sich nicht durch Alphamännchen-Gehabe beeindrucken lassen. Ein Kollege, der eigentlich eher ruhig ist und kein Freund der großen Töne. Aber dem es genauso wie mir zuwider ist, wenn jemand andere plattwalzt.
Ich glaube, es gibt so etwas wie Lust am Rückgrat. Eine unbändige Lust, nicht alles mit sich machen zu lassen. Sich nicht zu verbiegen. Sich nicht in eine Richtung drängen lassen, in der sich alles nur noch ums Geld dreht und in der man deswegen ständig etwas vortäuschen muss, so dass das ganze Leben zu einer lächerlichen Farce wird.
Rückgrat. Auch dann noch, wenn die Kolleginnen dies gern ein bisschen biegen wollen „Das ist das falsche Zeichen, was du da setzt“. Irrtum liebe Kollegin – sich gegen Meinungsdiktatoren zu wehren und dagegen, aus allem Kapital zu schlagen, ist das einzig richtige. Menschen, die mit anderen umgehen wie mit Immobilien, sollten sich mal wieder an das kleine Wörtchen „Nein“ gewöhnen. Meine Freundinnen sind des Lobes voll für jemanden, der die Zivilcourage hat, endlich mal das längst fällige „Das geht zu weit“ zu sagen. Es wären nicht meine Freundinnen, wenn es anders wäre.
Ich liebe dieses kleine Wort, das heute notwendiger den je ist. Dieses Wort, das Einhalt gebietet, wenn Menschen anfangen, anderen zu schaden. Dieses Wort, das dem Zweck dient, Machtgehabe zu verhindern. Und das die Garantie dafür ist, dass nicht alles missbraucht wird, um damit Geschäfte machen.
Ich trinke jetzt das letzte Glas Veltliner und fühle etwas, was ich schon fast vergessen hatte – ein Gefühl von Glück. In vino veritas – und diese Wahrheit ist, dass Rückgrat genauso wichtig wie Luft und Wasser ist. Aber eben nicht nur das eigene – auch das Rückgrat der anderen.
Ich trinke auf das Rückgrat!
Ich trinke auf das Wörtchen „Nein“!
Ich trinke auf die Lust am Leben, die man haben kann,
wenn es an beiden nicht mangelt
(aber nur dann).
Ich lösche das bestimmt morgen. Aber heute bleibt es stehen. Als Chapeau für meinen Kollegen. Den hat er wirklich verdient.