Sonntag, 26. Mai 2019
Die Qual der Wahl
Es ist fünf Minuten vor sechs und jetzt dürfte es zu spät sein um zur Wahl zu gehen. Eigentlich hatte ich mich von Anfang an entschieden, nicht zu wählen. Aber natürlich prasselte von allen Seiten das Argument auf mich ein, dass man nur durch die Wahlbezeiligung einen Rechtsruck verhindern könnte. Ich habe es trotzdem nicht getan. Und nein - ich habe kein schlechtes Gewissen.

Ein Europa, in dem Journalisten, Regisseure und Schriftsteller nur noch mit Polizeischutz leben können, wenn sie eine bestimmte Religion kritisieren und viele deswegen aufgehört haben, ihre Ansichten öffentlich zu äußern, hat sich von dem demokratischen Recht der Menungsfreiheit verabschiedet. Das genau ist der Rechtsruck, vor dem man sich ebenso fürchten sollte, wie vor Rechtsradikalen. Nur das man diesen Rechtsruck nicht benennen darf, ohne selbst in die rechte Ecke gedrängt zu werden.
Heute habe ich gelesen, dass jetzt auch Ralph Ghadban aufgrund von Morddrohungen Personenschutz erhalten muss. Wahrscheinlich ist dies 99 Prozent aller Deutschen egal, sofern die ihn überhaupt kennen.
Eben kommt mein Freund vom Wahllokal zurück und ruft mir zu, dass er seine Pflicht getan hat. Ich hab's nicht.



Samstag, 19. Januar 2019
Ein Mord in meinem Wohnviertel und unheimliche Allianzen
Auch wenn ich mich mittlerweile an das steigende Ausmaß der Gewalt in meinem Wohnviertel gewöhnt habe, bin ich doch jedes Mal wieder geschockt, wenn hier wieder ein Mord geschieht. Ich hatte hier vor vier Jahren schon mal beschrieben, wie unwohl ich mich mittlerweile in meinem Viertel fühle. Vor drei Tagen ist hier schon wieder jemand ermordet worden, direkt in unserer Fußgängerzone, ein paar Meter entfernt von meiner Arbeitsstätte. Der achtundvierzigjährige J.wurde mit der Axt erschlagen, die Täter wurden noch nicht gefunden.

Bei dem Mordopfer handelt es sich um einen syrischen Apotheker, der schon sehr lange in Deutschland lebt, hier auch studiert hat und mit Frau und zwei Kindern hier lebt. Es gibt Spekulationen in jeder Hinsicht, denn J. war auch politisch aktiv und hat sich aktiv für syrische Flüchtlinge eingesetzt. Außerdem gehörten ihm auch zwei Apotheken und mehrere Immobilien hier im Süden Hamburgs und sein Ruf als Geschäftsmann wird in den Medien als „knallhart“ beschrieben.

Ich habe einen bestimmte Vermutung (nicht in Hinsicht auf die Person, sondern auf mögliche Hintergründe) und deswegen habe ich gestern ein wenig gegoogelt um Näheres zu erfahren. J. hat nicht nur einen syrischen Verein gegründet, sondern war auch Mitglied in einer Partei, die mir gar nicht bekannt war, die BIG, das Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit. Dies ist eine sehr kleine Partei, die von Muslimen gegründet wurde und deren Zielsetzung darin besteht, sich für die Interessen von Muslimen einzusetzen und deren Intergration zu fördern. Interessant ist der Umstand, dass im Jahr 2014 ein Zusammenschluss erfolgte mit der ebenfalls sehr kleinen MDU, der Muslimischen Demokratischen Union. Zu dieser Gruppierung gehören wiederum die Betreiber des Muslim-Markt, eine dem Schiitentum nahestehende Internetplattform, die sich sowohl durch Antisemitismus (inklusive Leugnung des Holocaust) als auch durch offen geäußerte Skepsis gegenüber Demokratie auszeichnet.

Dabei stieß ich auf ein für mich völlig unfassbares Kuriosum: die Betreiber des Muslim Markts organisierten im Jahr 2012 eine Reise in den Iran zu Präsident Ahmadinedschad an der auch einige bekannte Rechtsextreme (!) teilnahmen*. Mich interessierte natürlich, um wen es sich dabei handelte und dabei stieß ich auf etwas ebenfalls äußerst Kurioses, nämlich auf jemanden, dessen politisches Spektrum von der Mitgliedschaft im Kommunistischen Bund und der Mitarbeit bei der Zeitschrift „konkret“, bis hin zur Tätigkeit als Chefredakteur der rechtspopulistischen Zeitschrift „Compact“ und Vorträgen bei der AFD reicht.

Ich wollte mich eigentlich nur darüber informieren, um was für eine Person es sich bei dem ermordeten J. handelt. Und dabei erfahre ich etwas über Kleinparteien mit äußerst fragwürdigen Kontakten und noch fragwürdigeren Aktivitäten. All dies ist nicht gerade vertrauenserweckend. Was für mich daran so erschreckend ist, ist die unheimliche Allianz zwischen Rechtsextremen und religiösen Fundamentalisten. Normalerweise sind die Grenzen abgesteckt: die AFD macht gegen Migration mobil, Migranten machen gegen die AFD mobil. Hier sind jedoch entgegen dieser sonst grundsätzlich strikt abgesteckten Grenzen Allianzen entstanden, die nicht mehr nachvollziehbar sind. Um das Ganze noch zu toppen kann man hier noch erwähnen, dass sich sogar auch Holocaustüberlebende an den vom Muslim-Markt veranstalteten israelfeindlichen Konferenzen beteiligen. Hierbei möchte ich ganz klar anmerken, dass es natürlich zu begrüßen ist, wenn gerade Holocaustüberlebende sich gegen die unmenschliche und gegen jedes Recht verstoßende israelische Siedlungspolitik positionieren. Aber muss dies wirklich Seite an Seite mit bekennenden Antisemiten geschehen, die noch dazu ganz unverhehlt gegen Demokratie zu Felde ziehen? Was passiert in einer Gesellschaft, in der politischer und religiöser Extremismus koalieren und Parteien entstehen – und seien sie noch so klein – die sich dieser Allianzen bedienen?

Ob der politische Hintergrund des Mordopfers überhaupt eine Rolle spielt ist fraglich, natürlich begibt sich jemand, der das Assad-Regime offen ablehnt, immer auch in Gefahr. Dass Immobiliengeschäfte sich durch Gewinnmaximierung und nicht durch Sozialverhalten auszeichnen ist nichts Neues. Aber dass politische oder geschäftliche Konflikte dadurch gelöst werden, jemanden mit der Axt zu Tode zu schlagen, stellt eine neue Dimension dar. Jedenfalls hier.

Bei all der Verwirrung, die diese Informationen bei mir ausgelöst haben, kristallisiert sich eines immer klarer heraus: ich möchte hier einfach nur weg!

*Unter anderem Jürgen Elsässer, Gerhard Wisnewski, Elias Davidsson, Karl Höffkes">



Mittwoch, 26. Dezember 2018
Weimar reloaded – Abschied von der Demokratie
Kommt es zu Vergleichen der Entwicklung in Deutschland mit der Weimarer Republik, dann wird dies oftmals als unangebrachte Schwarzseherei kritisiert. Hauptargument ist dabei immer wieder, wie viel gefestigter doch unsere jetzige Demokratie sei und wie sehr sich doch die heutige ökonomische Situation von der damaligen unterscheidet. Ich wundere mich immer – ja bin sogar regelrecht ein bisschen neidisch darauf – wie unerschütterlich der Glaube vieler Menschen an die Unveränderlichkeit der Verhältnisse ist. Schön wär’s ja, wenn ein einmal erreichtes Niveau für immer und ewig ein verlässlicher Fixpunkt bleiben würde. Aber leider lehrt die Geschichte, dass Kulturen nicht nur entstehen, sondern ebenso auch wieder verschwinden können.

Worin besteht die Ähnlichkeit unserer jetzigen Gesellschaft zur Weimarer Republik? Damals wie heute kann man von einer erheblichen Politikmüdigkeit in der Bevölkerung ausgehen. Die steigenden Zahlen der Wählerschaft der AFD machen deutlich, dass sich viele Menschen nicht von den bisherigen Parteien vertreten sehen. Auch zur Weimarer Zeit wurde die Regierung als schwach und unfähig empfunden und damals galt die Einhaltung des Versailler Vertrags als Verrat am Volk.

Besondere Beachtung verdient das Argument des Wohlstands in Deutschland. Sinkende Arbeitslosenzahlen und steigendes Bruttosozialprodukt, ein hoher Standard an medizinischer und sozialer Versorgung – wo ist also das Problem? Wäre ich nicht Sozialarbeiterin, sondern Kauffrau, Web-Designerin oder Eventmanagerin, dann würde ich diese Meinung vielleicht teilen, aber da ich nun mal im sozialen Bereich arbeite, habe ich andere Einblicke. Die Entwicklung, die ich in mehr dreißig Jahre Sozialarbeit erlebe, stimmt mich alles andere als optimistisch. Es gab noch nie so viele Menschen, die ihren Lebensunterhalt nur mit der Inanspruchnahme von Lebensmittelausgabestellen und Kleiderkammern bestreiten können und es gab früher erheblich weniger Bettler und Obdachlose. Die Zahl der sozialen Beratungsstellen und Hilfsangebote ist sprunghaft gestiegen und es kommen kontinuierlich neue hinzu. Jetzt könnte man natürlich entgegnen, dass dies doch ein gutes Zeichen sei, denn der Staat kümmert sich immerhin verantwortungsbewusst um seine Bürger. Mag sein, aber das verbirgt nicht, dass viele Menschen in zunehmenden Maße abhängig von der Hilfe Dritter sind. Und diese Menschen sind alles andere als zufrieden mit ihrer Situation, denn anders als in Weimar leben wir jetzt in einer Gesellschaft, die einem großen Shoppingcenter gleicht und deren Schaufenster überquellen. Wer wenig Geld hat, muss sich allerdings mit dem bloßen Ansehen begnügen und ist vom fröhlichen Kaufen ausgeschlossen.

Was ist mit den Straßenkämpfen, die kennzeichnend für die spätere Phase der Weimarer Republik waren? So weit sind wir doch noch längst nicht, oder? Wenn man sich die Bilder des G20-Gipfels vom vergangenen Jahr in Hamburg sowie die Auftritte rechter Demonstranten in Chemnitz ins Gedächtnis ruft, dann sind die Ähnlichkeiten unübersehbar. Was allerdings einen großen Unterschied zu Weimar darstellt, ist die Tatsache, dass es nicht mehr nur Gewalt von rechts und von links gibt, sondern auch religiös motivierte Gewalt. Und diese religiöse Gewalt hat das Potential, Deutschland in zwei feindliche unversöhnliche Lager zu spalten. Da sind zum einen diejenigen, die nicht müde werden darauf hinzuweisen, dass doch letztendlich jede Religion Gewalt beinhaltet und die sofort jede Kritik als rassistisch brandmarken. Außerdem sei alles doch nur eine Frage von Integration und Bildung und wenn wir nur wollen, werden wir das doch schon hinbekommen. Zum anderen gibt es diejenigen, die „Ausländer raus“ brüllen und dies als Lösung sämtlicher gesellschaftlicher Probleme proklamieren.

Der eigentliche Unterschied zu Weimar besteht darin, dass Weimar das Trauma des Dritten Reichs noch vor sich hatte, während wir es schon durchlebt haben und es für immer zu unserer Vergangenheit gehört. Aber haben wir wirklich aus diesem Trauma gelernt? Nein, haben wir nicht. Wir erkennen die rechte Gefahr nur dort, wo sie eindeutig als rechts auftritt. Wir erkennen nur dann die Gefahr, wenn sie von einem pöbelnden Mob ausgeht, der durch die Straßen zieht und jeden dunkelhaarigen Menschen in die Flucht brüllt. Aber wir sind blind gegen die Gefahr, die von Menschen ausgeht, die erbarmungslos jeden mit dem Tod bedrohen, der sich gegenüber ihrer Religion kritisch äußert oder der diese Religion in anderer Form leben möchte. Noch blinder sind wir jedoch gegenüber dem Umstand, dass es so gut wie keine Solidarität mit religiös Verfolgten gibt.

Die bedrohliche Gemeinsamkeit zur Weimarer Republik besteht in dem Umstand, dass wir wieder unterschätzen, welche riesengroße Rolle das tatenlose Zuschauen spielt. Wir lassen uns dadurch beruhigen, dass die religiös motivierte Gewalt doch nur von einer relativ kleinen Minderheit verübt wird und ignorieren dabei völlig, dass die große Mehrheit dieser Gewalt weder entschieden entgegentritt, noch sich von ihr distanziert. Eine Mehrheit, die zwar vehement Toleranz für sich fordert, aber nicht im Geringsten bereit ist, diese auch anderen zu gewähren.

Deutschland ist demokratiemüde geworden. Wer während des G20-Gipfels Betonklötze auf Polizisten wirft, setzt einzig auf Gewalt und hat der Demokratie eine Absage erteilt. Wer für alle gesellschaftlichen Probleme pauschal Menschen anderer Nationalität verantwortlich macht, hat der Demokratie eine Absage erteilt. Wer seine Religion über die Menschenrechte stellt, hat der Demokratie eine Absage erteilt. Wer jede kritische Auseinandersetzung mit anderen Wertesystemen als rassistisch diffamiert, hat der Demokratie eine Absage erteilt. Wer für einen Despoten auf die Straße geht, der Oppositionelle im Gefängnis verschwinden lässt und eine freie Presse untersagt, hat der Demokratie eine Absage erteilt.

In Zuckmeyers „Des Teufels General“ sagt Generaloberst Harras: „Das Böse existiert nicht in der Welt, weil Böses getan wird, sondern weil es geduldet wird“. Diese Aussage trifft besonders auf das Dritte Reich und insbesondere auf den Holocaust zu. Es stimmt nicht, dass ausnahmslos jeder Deutscher von der Idee besessen war, Juden auszurotten. Geschehen konnte dies nur deswegen, weil die große Mehrheit in tatenlosem, völlig gleichgültigem Zuschauen erstarrt war. Und dies führt zu einem Déjà-vu, denn in Deutschland birgt es auch jetzt wieder Gefahren mit sich, öffentlich eine Kippa zu tragen. Lebensgefahr besteht auch für diejenigen Künstler, Schriftsteller und liberale Gläubige, die sich religionskritisch äußern. Wohingegen es keine Gefahr darstellt, öffentlich die Fahne eines anderen Landes zu verbrennen und diesem Land dabei laut brüllend den Tod zu wünschen. Und was tut die Bevölkerung, was tun wir? Nichts. Und eben darin besteht die Ähnlichkeit zu Weimar.



Montag, 30. April 2018
Kippa, Kopftuch, Generalverdacht und ein Blick in die Vergangenheit
Das vor einer Woche entstandene Video, in dem ein Kippa tragender Israeli von einem jungen Muslim geschlagen wird, kennt mittlerweise wahrscheinlich jeder. Die Erfahrungen des in Hamburg lebenden Ben-Raffael Goihman sind ähnlich. „Hitler hat vergessen, dich zu vergasen“ schrie ihm ein Muslim ins Gesicht, als er auf der Straße seine Kippa trug. Der Zentralrat der Juden rät mittlerweile vom Tragen der Kippa ab.

Man könnte jetzt noch unendlich viele andere Beispiele nennen: die Bedrohung jüdischer Restaurants, das Mobben jüdischer Schüler oder das Verbrennen der israelischen Fahne in Berlin. In Frankreich ist die Situation noch schlimmer, dort sind bereits tausende von jüdischen Familien aufgrund von offener Anfeindung und Bedrohung ausgewandert. Der grausame Mord an der Jüdin Sarah Halimi im vergangenen Jahr, der vor kurzem verübte Mord an der Holocaustüberlebenden Mireille Knoll und der bestialische Foltermord an Ilan Halimi im Jahr 2006 machen auf drastische Weise deutlich, welch erschreckendes Ausmaß der Hass gegen Juden hat.

Neu ist jetzt allerdings, dass jemand wie Goihmann öffentlich ausspricht, von wem in erster Linie die Gewalt ausgeht: „Aufgrund der Flüchtlinge aus der islamischen Welt wird das Problem allerdings tatsächlich schlimmer. Denn mit Muslimen gerate ich viel häufiger aneinander als mit irgendeinem Nazi.“

Was passiert, wenn man diese steigende und überaus furchterregende Gewalt gegen Juden anspricht? Kann man es überhaupt ansprechen? Nein, kann man nicht, denn jede aufkeimende Diskussion wird unweigerlich im Keim erstickt mit dem Argument der israelischen Siedlungspolitik. Da werden einzelne Menschen – welcher Nationalität auch immer sie angehören – persönlich verantwortlich gemacht für das, was der Staat Israel den Palästinensern antut. Dies bedeutet nichts anderes, als ein moralischer Freispruch für die Täter.

Ganz anders wird hingegen reagiert, wenn es nicht um antisemitische Gewalt, sondern um islamistische geht. Noch ehe man überhaupt mit dem Versuch einer Analyse beginnen kann, wird dies mit dem von muslimischer Seite sofort und überall vorgebrachten Argument des „Generalverdachts“ ausgebremst. Die gleichen Menschen, die genrell jeden einzelnen Juden als mitverantwortlich ansehen für die vom Staat Israel ausgeübte Gewalt, weisen es im Gegenzug empört als Generalverdacht von sich, wenn auf Zusammenhänge zwischen von Islamisten verübter Gewalt und der Einstellung zu Gewalt im Islam hingewiesen wird.

Eine Kippa kann als das jüdische Pendant zum islamischen Kopftuch angesehen werden. Allerdings kann die Ansicht über das Recht auf das Tragen religiöser Symbole erstaunlich unterschiedlich ausfallen, je nachdem ob es die eigene Religionsgemeinschaft betrifft oder aber eine fremde. Immer wieder löst die Diskussion um ein mögliches Kopftuchverbot eine Welle von Empörung aus und stets wird dabei auf das Grundrecht auf religiöse Freiheit gepocht oder auf den latenten Rassismus der Befürworter eines Verbotes hingewiesen (hat ein Kopftuch tatsächlich etwas mit „Rasse“ zu tun??). Aber aus diesen Reihen stammen auch eben gerade diejenigen, die es für ihr Recht halten, jemanden die Kippa vom Kopf zu schlagen und dabei lautstark ihre offenkundige Sympathie für Hitler rauszubrüllen.

Ist das Problem des islamischen Antisemitismus eigentlich ein neues oder gibt es so etwas wie eine Tradition? Blickt man in die Vergangenheit, dann entdeckt man, dass im vergangenen Jahrhundert islamische Antisemiten mit nationalsozialistischen Antisemiten sympathisierten. Noch bevor ein israelischer Staat existierte, hatten die Nazis einen eifrigen Unterstützer und Bewunderer in Amin al-Husseini, dessen wichtigstes Ziel es war, die jüdischen Einwanderer „bis zum letzten Mann“ zu töten. Sicherlich wird jetzt so mancher sofort entgegnen, dass zum damaligen Zeitpunkt die Landeinnahme durch Juden schon begonnen hatte und es sich folglich doch indirekt lediglich um eine Verteidigung des eigenen Territoriums handelte. Dies stellt jedoch eine ignorante Verharmlosung Husseinis Vernichtungswahns dar, der sogar mitverantwortlich für die Deportation und Ermordung von 5.000 jüdischen Kindern war.

Blicken wir noch weiter in die Vergangenheit zurück, auf der Suche nach antisemitischer Tradition: im siebten Jahrhundert kam es zur Vernichtung der drei jüdischen Stämme Ban Qainuqa, Ban N-Nadir und Ban Quraiza. Lange bevor es überhaupt die Idee einer israelischen Nation gab, wurden die Männer dieser Stämme getötet und die Frauen versklavt. Keiner dieser drei Stämme drang in islamisches Territorium vor, sondern es war genau umgekehrt – Muslime drangen in die von Juden bewohnte Oasenstadt Yathrib ein. Ideologisch gerechtfertigt wurde die Vernichtung dann damit, dass „Juden schlimmer als das Vieh seien“.

Nein, neu ist das Problem des Antisemitismus unter Muslimen wirklich nicht. Auch wenn es immer und überall auch friedliche Koexistenz zwischen der arabischen und der jüdischen Welt gab und gibt, so hat es parallel dazu genauso auch immer antisemitische Strömungen gegeben. Ebenfalls nicht neu ist leider auch das erschreckende Wegsehen und die Verharmlosung, wenn es um Antisemitismus geht.



Samstag, 13. Januar 2018
Catherine, da scheinst du etwas zu verwechseln
Hartnäckiges oder ungeschicktes Flirten ist kein Delikt, und eine Galanterie auch keine chauvinistische Aggression. Die Freiheit, jemandem lästig zu werden, ist für die sexuelle Freiheit unerlässlich.

Was mag man sich wohl unter „hartnäckigem Flirten“ vorstellen? Flirten ist etwas, das sich zwischen zwei Menschen abspielt und bei dem es nicht ausschließlich um Sexualität geht, sondern immer auch um Verliebtheit. Flirten setzt immer Einvernehmlichkeit voraus und stellt somit das Gegenteil von Belästigung dar.

Hat es tatsächlich etwas mit Flirten zu tun, wenn Harvey Weinstein eine junge Frau betatscht und vorschlägt zwecks Massage ins Schlafzimmer zu gehen? Ist es ein Flirt, wenn Dustin Hoffmann nur mit einem Handtuch bekleidet der minderjährigen Freundin seiner Tochter eine Fußmassage vorschlägt? Flirtet Steven Segal, wenn er während des Vorsprechens einer jungen Frau seine Hose öffnet? Und geht es Ben Afflek ums Flirten, wenn er einer Kollegin während der Sendung an die Brust greift?

Worum geht es Catherine Deneuve und ihren Mitstreiterinnen eigentlich, wenn sie dieses Verhalten von Männern verteidigen? Droht wirklich ein Klima der Prüderie und des Totalitarismus, wenn Männer am Arbeitsplatz nicht mehr einfach ihre Hose aufmachen oder Frauen an Brust oder Genitalien fassen dürfen? Müssen wir befürchten, dass es Männern in Zukunft unmöglich gemacht wird, eine Frau, die ihnen gefällt, zu umwerben? Darf man sich womöglich bald nur noch durch dröge Kontaktanzeigen kennenlernen?

Es scheint ein großes Missverständnis über den Begriff sexueller Freiheit zu geben. Die ist in der Tat untrennbar damit verbunden, zu flirten, zu umwerben und zu verführen. Allerdings stellt Belästigung und Bedrängung das genaue Gegenteil dar, denn auch wenn dies für Männer gleichbedeutend mit Freiheit sein mag – für Frauen bedeutet dies Zwang und Nötigung und ist somit absolut unvereinbar mit dem Begriff Freiheit.

Die #metoo-Kampagne ist keine Kampagne von Frauen, die etwas gegen Männer haben, sondern von Frauen, die selbst bestimmen wollen, wann und mit wem sie Sex wollen. Das steht sexueller Freiheit in keiner Weise entgegen, sondern ist eben gerade Ausdruck derselben. Gerade in einer Zeit, in der es eine gefährliche und zunehmende Rückentwicklung in Bezug auf Gleichberechtigung von Mann und Frau gibt, ist es wichtig, dass Frauen sich das Recht auf Selbstbestimmung nicht länger streitig machen lassen.

Wenn Catherine & Co sich unbedingt für sexuelle Freiheit starkmachen will, sollte sie eine Kampagne initiieren gegen Zwangs- und Kinderheirat, Ehrenmorde und Bedrohung und Gewalt gegen sexuell selbstbestimmte Frauen. Hier gibt es einen tatsächlichen und dringenden Handlungsbedarf und die unzähligen betroffenen Frauen haben Solidarität sehr viel nötiger als Männer in Machtpositionen, die in dem Irrtum leben, ausnahmslos jede Frau würde es genießen, von ihnen bedrängt und belästigt zu werden.



Donnerstag, 29. Juni 2017
So etwas hatten wir schon mal in Deutschland - dies ist nicht mehr mein Land
- Sie ist eine hure die kleine schlampe und alle die denn weg mit ihr gehen möget ihr ihn der Hölle schmoren
- Krankes altes hässliches dickes ARSCHLOCH
- Die Familie in der Türkei tut mir leid, sie müssen für die verwirrte Lesbe jetzt den Kopf hinhalten.
- du hure
- Hier kann nur Erdogan helfen. Ihm kommt sicher das Essen wieder hoch wenn er sowas von seiner Landsfrau hört. Vor allem diese liberalen Stories.. beschämend!
- Du hässslige fotze
- Gute Muslime würden nur wollen, dass du ewig lebst und für immer gehasst wirst, so wie ich, du wertloses Stück Scheiße
- Warum sollte jemand dich mit Tod bedrohen, Du siehst schon gut wie Tod aus
- Es gibt nur einen Islam. Und zwar den den unser Prophet durch Gottes Willen und durch Gibrils Eingabe empfangen und in koran nieder geschrieben hat. Jeder der dies Neu reformieren will wird scheitern so Gott will.
- Ich weiß nicht welche Religion dieses ding repräsentiert aber den Islam definitiv nicht. Auch die Anhänger haben nichts mit dem Islam zu tun. In meinen Augen sind das zionistische Marionetten
Sie hat den isis gegründet glaub ich guck mal wie sie aussieht wie ein Stück dreck ihre fresse sieht aus als hätte man sie am Boden geschliffen
- ihr Gesicht sieht aus wie meine scheisse
- Eigentlich geht es nur ums Geld. Wieviel Geld fließt hier? Was hat Frau Ateş finanziell von dieser Sache? Ganz zu schweigen von der medialen Aufmerksamkeit.
- Warum sollte jemand dich mit Tod bedrohen, Du siehst schon gut wie Tod aus.
- Frau Ates ,,,Frau Feuer,,,,ich glaube sie werden von gülen Terroristen plus pkk Terroristen unterstützt,,,das werden wir mit der zeit sehen,,,,eure bewegung ist neue terror sekte
- Wer ist frau ates,,,,ihr könnt mit euren religion spielen,,,,,nicht mit islam,,,,wir wissen das frau ates mit Terrorchef gülen zusammensteckt
- Du wirst dich bald in den Arsch ficken. Und wenn ihr in eurem Kopf seid, dann salto Allah den Berg.
- Ja bäääh, muss mir diese ekelhafte Fresse jetzt unbedingt im Ne Tun sie mir einen gefallen, machen sie einen riesengroßen Bogen um die Türkei und der Islam!
- Hallo meine lesbische Sekte wer uns und unsere Sekte nicht annimmt der gehört zu den is " Sorry aber geht ja gar nicht Omi
- So eine verdammte Heuschlerin lern erstmal was islam bedeutet
- Mögest du ewig in de Hölle schmoren du drecks Mensch
- Sie lebt nach ihren gelüsten unter dem namen des islam möge allah swt sie in dünya und akhira demütigen
- Ich bestehe jetzt auch mal langsam auf meiner meinnungsfreitheit und erlaube mir es mir dir zu sagen das du der Teufel bist Sheitan Sheitan Sheitan
- Ich finde diesen liberalen Mist auch furchtbar schwachsinnig, aber man sollte sich nicht zu sehr darüber aufregen. Denn genau das will sie doch erreichen. Muslime will sie damit provozieren und Nicht-Muslimen vorgaukeln es gäbe eine “Weichspüler-Version“ des Islam, die sich dem stetigen Verfall der Gesellschaft anpasst und damit auch mit den “tollen“ westlichen Werten vereinbar ist. Damit will sie Muslime und Nicht-Muslime gegeneinander aufhetzen, mehr nicht
- Relegion kommt von gott und kein mensch kann relegion erfinden sonst hätte jeder seine eigene relegion. ISLAM IST DIE WAHRE RELEGION . Es reicht das QURAN original ist
- Weg mit eure Satan Tempel mögen allah swt euch rechtleiten ihr kuffar!!
- du sollst lieber sterben als weiter zu leben wünsch die selber den tot weil das was du machst ist nicht gut sondern is ne Schande für uns ganze Muslime du versuchst uns runter zu ziehen damit merkst du noch nicht einmal das du selbst versinken tuhst tuh der ganzen Welt ein gefallen und stirb und sag nicht mosche zu das was du gemacht hast weil es keine ist wenn du noch nicht einmal weiß was gut und was schlecht ist du kannst doch nicht einfach was zu ändern und modern zu machen du ******** stirb
- Möge Allah euch erniedrigen !! Ihr seid keine Muslime sondern bezahlte Feinde des Islams!
- Frau ates sie sind ne fotze
- Und diese Frau arbeitet noch hier in Wedding -.- möge Allah mich davor bewahren diese Person jemals live zu sehen Amin

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Was für eine schlimme Untat mag wohl jemand angerichtet haben, an den derart primitive Beleidigungen gerichtet werden? Die Adressatin dieser erbärmlichen Ausfälle hat nichts weiter getan, als eine Moschee zu gründen, in der Frauen und Männer gemeinsam beten und Gebete auch von Frauen angeleitet werden dürfen. So wie es die in diesem Land geltende Religionsfreiheit ermöglicht. Die Zitate habe ich wortwörtlich übernommen aus der Facebook-Seite der von Seyran Ates gegründeteten Ibn Rushd – Goethe Moschee.

Vor rund achtzig Jahren wurde in Deutschland schon mal so widerwärtig gehetzt und es blieb nicht beim Hetzen, sondern es endete in einer Katastrophe. Und heute wie damals ist die Reaktion die Gleiche – es wird konsequent weggeschaut. Und genauso konsequent wird den Opfern dieser widerwärtigen Hetze jegliche Solidarität verweigert. Die Gründerin der Moschee ist bei weitem nicht die Einzige, es gibt mittlerweile immer mehr Personen, die ähnliches durchstehen müssen und manche stehen unter ständigem (!) Polizeischutz.

Es ist abscheulich, wie Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit und Gleichheit der Geschlechter vor dem Gesetz Stück für Stück abgebaut werden. Noch abscheulicher ist es jedoch, dass niemand dies aussprechen darf, ohne sofort als Nazi oder Faschist tituliert zu werden. Ausgerechnet denjenigen wird eine faschistische oder nationalistische Haltung vorgeworfen, die auf die drohende Gefahr des latenten Faschismus hinweisen, der sich im zunehmenden Angriff auf freiheitliche und egalitäre Werte äußerst - besser kann man den Kampf gegen Faschismus gar nicht ad absurdum führen.

Dies ist nicht mehr mein Land...



Montag, 19. Juni 2017
Was ich Frau Kaddor gern mal persönlich sagen würde und warum ich mir eher die Zunge abbeißen würde, als bestimmte Argumente zu verwenden
Zu der Demonstration am vergangenen Wochenende wurden Muslime aus ganz Deutschland aufgerufen, um sich öffentlich von islamistischer Gewalt zu distanzieren. Von den über vier Millionen Muslimen sind allerdings nur etwa 1500 gekommen, wobei in dieser Zahl auch viele nichtmuslimische Deutsche enthalten sind, die ebenfalls an der Demo teilnahmen. Die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor hat dazu mit der Äußerung Stellung genommen „Vielleicht liegt es daran, dass Muslime keine Demonstrationskultur kennen“. Weitere Analysen gibt es nicht, stattdessen gibt es von Muslimen wieder das Argument des Generalvorwurfs, der dazu führe, dass Muslime „doppelt“ leiden müssen – zum einen unter der islamistischen Gewalt, zum anderen unter der angeblich ständigen Rechtfertigungspflicht.

Seitdem ich mich begann, mich für Politik zu interessieren ( das war ungefähr im Alter von 13 Jahren), beschäftigt mich auch das Dritte Reich und der Holocaust. Da ich seit über 25 Jahren mit einem Franzosen liiert bin, wurde und werde ich in Frankreich auch immer wieder auf die Verbrechen des Dritten Reichs angesprochen. Es ergaben sich zu diesem Thema schon unzählige Diskussionen. Dabei habe ich alle möglichen Aspekte zu diesem furchtbaren Kapitel der Geschichte berührt, nur eines habe ich niemals getan und werde es mit absoluter Sicherheit auch niemals tun: damit kontern, dass man nicht alle Deutschen unter Generalverdacht stellen darf. Obwohl ich für dafür sehr gute Argumente aus meiner eigenen Familie anführen könnte, denn während einer meiner Großväter begeisterter Nationalsozialist war, ist mein anderer Großvater trotz aller Repressionen standhaft Mitglied der SPD geblieben. Und obwohl dies kein Einzelfall ist und ich viele andere kenne, bei denen es genauso war, würde ich mir eher die Zunge abbeißen, als die Opferrolle für die Deutschen zu beanspruchen und mit dem Hinweis auf einen ungerechtfertigten Generalvorwurf jede weitere Auseinandersetzung im Keime zu ersticken.

Ich glaube, dies ist der eigentliche Unterschied zwischen muslimischer und nichtmuslimischer Kultur: die absolute Verweigerung jeglicher Selbstkritik und die immer und überall beanspruchte Opferrolle.

Übrigens haben Muslime durchaus eine „Demonstrationskultur“ oder hat Frau Kaddor die Demo von vierzigtausend Muslimen vergessen, die vor einem halben Jahr für einen Mann auf die Straße gingen, der jeden Oppositionellen ins Gefängnis steckt, offen für die Todesstrafe plädiert und außerdem den Genozid an den Armeniern als Lüge bezeichnet? Und schon lange vor dieser Großdemo gab es auch unter Muslimen viele Demos, wie zum Beispiel in Frankreich gegen das Kopftuchverbot oder in Deutschland gegen die Ausstrahlung eines Tatorts, in dem die Täter keine Deutschen, sondern Muslime waren.

Warum konstruiert Frau Kaddor den umständlichen Begriff der mangelnden „Demonstrationskultur“ und spricht stattdessen nicht Klartext und nennt mangelndes Interesse als Grund für die Minidemo?

Mag sein, dass es keine „guten“ oder „schlechten“ Religionen gibt, und zu jeder Religion immer auch eine Geschichte der Gewalt und der Unterdrückung gehört (so wie dies übrigens auch immer der Fall bei atheistischen Ideologien ist). Aber mit Sicherheit gibt es einen enormen Unterschied innerhalb der einzelnen Religionen in Bezug auf die konkrete Bereitschaft zur Selbstkritik. Da mag man jetzt wieder Namen wie Seyran Ates, Hamed Abdel-Samad, Necla Kelek etc. anführen. Solange diese mutigen Menschen jedoch mit dem Tod bedroht werden und es noch nicht einmal den Hauch von Solidarität gibt, wird sich daran niemals etwas ändern. Und auch Frau Kaddors Philosophie des „Schuld sind immer die Anderen“ stellt wohl kaum einen Beitrag zur kritischen Selbstreflexion dar. Demonstrationskultur hin, Demonstrationskultur her.



Donnerstag, 27. April 2017
Wenn Gewalttäter weinerlich werden und wie man aus ihnen nachträglich Helden macht
B. aus Hamburg ist ein richtiger Mann, einer der kämpfen will. Damit fängt er schon mal in Deutschland an, vorzugsweise aus dem Hinterhalt, wo man gute Chancen hat, nicht erwischt zu werden. Dort wo die Gegner nicht in der Mehrzahl, sondern in der Minderheit sind. „Das sind nur vier Leute, die krallen wir und nach der Schule, Digga“ schreibt B. in einem Chat an seine Kumpel. Handelt es sich bei den vier besagten Leuten vielleicht um vier gemeingefährliche Killer, die grundlos Wehrlose zusammenschlagen und tyrannisieren? Irrtum – es geht lediglich um vier Schüler, die sich keines anderen Vergehens schuldig gemacht haben, als die in Deutschland geltenden Meinungsfreiheit genau dafür genutzt zu haben, wofür sie da ist – nämlich ihre Meinung frei zu äußern. Aber wie gesagt – B. ist ein richtiger Mann und als solcher kann er sich das natürlich nicht so einfach bieten lassen und plant das, was seiner Meinung nach die einzig geeignete Reaktion auf eine freie Meinung ist – einen Anschlag.

Irgendwann reicht es B. nicht mehr, nur Mollis zu werfen, er möchte dahin, wo richtig geballert wird und wo seine großen Vorbilder echte Bomben werfen. Aber womit B. dabei nicht gerechnet hat, ist die Tatsache, dass jetzt nicht mehr aus dem sicheren Hinterhalt angegriffen wird, sondern frontal. Anderen Schmerzen anzutun oder sie zu töten, stellt für B. kein Problem dar, aber jetzt dreht sich der Spieß um und es kann nicht mehr ausgeschlossen werden, dass ihm selbst wehgetan oder er gar getötet wird. Und da bricht dann das Bild vom mutigen echten Kerl zusammen und B. wird weinerlich und klagt bitter über die Ungerechtigkeit, die eigene Haut riskieren zu müssen. „Die schicken die Brüder einfach in den Tod!“ beschwert er sich per Video.

Beschwert sich B. darüber, dass unschuldige Menschen massakriert werden? Oder dass unschuldigen Menschen ihr Zuhause weggebombt wird und Frauen und Mädchen wie Sklavinnen gehalten werden? Fehlanzeige, er beklagt lediglich, dass die „Brüder“ in den Tod geschickt werden.

Das Ganze ist schon ekelhaft genug, aber was es unerträglich macht, ist die Umdeutung von Weinerlichkeit in Reue und Einsicht. „Trauer um den Islamisten, der mit dem IS abrechnete“ lautet der Kommentar zu der Videobotschaft von B. Eine Botschaft, in der man vergeblich nach einem Wort des Bedauerns oder eines Schuldbekenntnisses sucht, sondern B. sich lediglich wie ein kleiner trotziger Junge darüber beklagt, dass beim Kriegsspielen eben nicht nur die anderen getötet werden, sondern dies auch einem selbst passieren kann.

Ist Weinerlichkeit tatsächlich schon gleichbedeutend mit Reue? Hat man diese völlige Verdrehung von Tatsachen nicht schon zur Genüge im Dritten Reich betrieben? Als nach dem Krieg plötzlich aus jedem begeisterten Anhänger ein unschuldiges Opfer gemacht wurde, das nur durch die Schuld der anderen beim Massenmord mitgemacht hat. Muss diese unerträgliche Schönfärberei wirklich wiederholt werden?



Donnerstag, 27. Oktober 2016
Sieht so Integrationsarbeit aus? Wie passen diese beiden Aussagen zusammen?
Die NSU Massentötungen dieser Menschen zeigt, wie tief der Rassismus in Deutschland, in die Institutionen, in die staatlichen Behörden nach wie vor Bestand hat. Entnazifizierung hat in Deutschland nie stattgefunden. Die Feindseligkeit gegen Türken und Islam ist so tief in dieser Gesellschaft verankert, NSU zeigt, ganz offen die staatliche Haltung, der diesen Hass maßgeblich schürt. Ausreden über Ausreden, die Ausreden sind viel schlimmer, als die Taten selbst, obwohl diese Morde für sich selbst ein SKANDAL ist.

"Diese Schlampe mit dem Namen Deutschland hat uns den Krieg erklärt – und wir schweigen immer noch…Erhofft sich die Türkei etwas von dieser Köterrasse?...Ihr nennt uns Verbrecher und wir sollen dazu schweigen. Ab jetzt könnt Ihr was erleben, Ihr Köterrasse.

Woher stammen diese beiden Aussagen? Die erste Aussage stammt aus einem Gästebucheintrag zur Sendung über rechte Gewalt in „hart aber fair“ vom 04.04.16 und die zweite Aussage stammt aus einem kürzlich geposteten Facebook Eintrag und bezieht sich auf die Resolution des Deutschen Bundestages zum Völkermord an den Armeniern 1915/1916. Die zweite Aussage wird dabei noch ergänzt mit einer Äußerung über die Integrationsbeauftragte Aydan Özoguz: „Eine Lügnerin ohne Scham, die bereit ist, alles, aber auch alles für Armenien zu geben. Wir wollen diese Verräter nicht, wir hassen sie. Das Vaterland ist uns heilig, diese Verräter gehören nicht zu uns.“

Das eigentliche Erschreckende an den beiden Aussagen ist der Umstand, dass sie von ein und demselben Autor stammen, bei dem es sich um Malik Karabulut handelt. Mir wäre es die Zeit nicht wert, hierüber hier zu schreiben, wenn Karabulut irgendeine Privatperson wäre, die im Internet hetzt, denn derer gibt es viele. Aber bei Malik Karabulut handelt es sich um einen Funktionär des Türkischen Elternbundes in Hamburg, der außerdem auch Integrationspartner der Stadt ist und in dieser Funktion die Aufgabe hat, Gespräche über die Integration türkischer Kinder zu führen.

Ich teile die von ihm vertretene Entrüstung über die feigen Morde der NSU und sehe die Entnazifizierung nach dem Krieg auch sehr kritisch. Ich bin auch der Meinung, dass die vielen Fehler bei den Ermittlungen gegen die NSU nicht zu rechtfertigen sind.

Was mich jedoch zutiefst schockiert, ist die Tatsache, dass derselbe Mann, der von einer „den Hass schürenden Haltung von Seiten des Staates gegenüber Türken und Islam“ schreibt, es als eine Kriegserklärung Deutschlands einstuft, dass der Völkermord an den Armeniern auch als solcher benannt wird. Und derselbe Mann entblödet sich nicht, eine Integrationsbeauftragte als Lügnerin und Verräterin zu beleidigen, nur weil sie nicht bereit ist, den nachweisbaren Genozid an den Armeniern als Verschwörungstheorie abzutun.

Es gibt auch heute noch Menschen in Deutschland und anderswo, die den Holocaust als Lüge darstellen, welche nur dem Zweck der Verleumdung der Deutschen dienen würde. Glücklicherweise gibt es aber genug Menschen, die hierauf sofort reagieren und diese Darstellung als das bekämpfen, was sie ist: eine Diffamierung der Opfer. Die Aussagen, die den Völkermord an den Armeniern als Lüge bezeichnen, fallen in die gleiche menschenverachtende Kategorie wie die Holocaustleugnung – allerdings mit dem Unterschied, dass der Protest gegen die Abstreitung des Völkermordes an den Armeniern wesentlich leiser ausfällt und im Übrigen diese Ansicht sogar von höchster Stelle des türkischen Staates vertreten wird und nicht nur von einigen Wenigen.

Es erfüllt mich mit tiefem Entsetzen, dass jemand, der in einer so verächtlichen und primitiven Weise über geschichtliche Fakten redet, allen Ernstes als „Integrationspartner“ fungiert. Aber weitaus mehr bestürzt mich, welche tiefsitzende Menschenverachtung hinter den von Karabulut vertretenen Ansichten steckt, denn ganz offensichtlich schert es ihn einen feuchten Dreck, ob Menschen ermordet werden, solange es sich dabei um Menschen handelt, die nicht seiner Nationalität oder Religion angehören. Da wird dann plötzlich nicht von Rassismus gesprochen, sondern von Lügen und Verrat. Und es ist diese Einteilung in schützenwertes und in unwertes Leben, die man nur mit allergrößter Sorge betrachten kann. Nimmt man dann noch den unseligen Hass auf Meinungsfreiheit, die Bedrohung Andersdenkender, sowie den hartnäckigen Versuch, ausnahmslos jede kritische Betrachtung in die Nähe von Pegida und AFN zu rücken hinzu, dann kann einem angst und bange werden.

Ich möchte abschließend noch erwähnen, dass es sich bei Malik Karabulut nicht um einen Menschen ohne Bildung und ohne Qualifikation handelt – Karabulut ist Diplom-Betriebswirt.



Mittwoch, 5. Oktober 2016
Irgendetwas läuft gewaltig schief in Deutschland
Eben lief eine Diskussion im Fernsehen, in der die Islamexpertin Lamya Kaddor sich zum Thema mangelnde Integration äußerte und dabei wiederholt darauf hinwies, dass man sich bei denjenigen, die sich für einen Weg in die Gewalt entscheiden und sich von der IS anwerben lassen, immer wieder fragen muss, warum es dazu kam und was an der Integration falschgelaufen ist. Deutschland hätte dabei eine „Bringschuld“, was immer Kaddor damit meinte.

Vor einigen Tagen äußerte sich SPD-Mitglied Wolfgang Thierse zu den Dresdner Anschlägen gegen eine Moschee und ein internationales Kongresszentrum. Er betonte dabei, dass man so etwas nicht mit Perspektivlosigkeit und sozialen Problemen entschuldigen dürfe.

Zwei Standpunkte, die sich offensichtlich diametral entgegenstehen. Oder vielleicht doch nicht? Bei der Thematik der Gewaltbereitschaft unter Muslimen wird auf das Gebot der Ursachenforschung und das Gebot der Suche nach der Verantwortung der Gesellschaft verwiesen und hierbei fallen immer wieder die Argumente der Perspektivlosigkeit und der mangelnden Bildung. Bei den gewaltbereiten Pegida-Anhängern hingegen wird genau dies als falsch angesehen und Ursachen und Mitverantwortung der Gesellschaft sind gefälligst außer Acht zu lassen.

Ich komme immer mehr zu der Erkenntnis, dass Menschen ohne Feindbilder nicht leben können. Der fundamentalistische Islam braucht das Feindbild der Ungläubigen, die es überall und jederzeit zu bekämpfen gilt. Pegida und andere rechtsgerichtete Bewegungen brauchen das Feindbild der fremden und bedrohlichen Kultur, gegen die man sich mit aller Kraft wehren muss.

Das Interessante daran ist jedoch, dass damit der Feindbildkreislauf noch nicht vollständig ist. Denn auch Menschen wie Lamya Kaddor brauchen das Feindbild Pegida, weil es belegt, dass man selbst lediglich Opfer ist und völlig grundlos angefeindet wird. Und auch Menschen wie Wolfgang Thierse brauchen das Feindbild Pegida, weil man dadurch ein gesellschaftliches und somit komplexes Problem bequem auf ein einziges reduzieren kann. Darüber hinaus erfüllt die öffentliche Verurteilung von Pegida nebenbei auch die wichtige Funktion, deutlich zu machen, dass man selbstverständlich auf der „richtigen“ Seite steht. Gerade dieser Punkt ist nicht zu unterschätzen. Menschen, die in ihrem Alltag eigentlich kaum mit dem Thema Migration zu tun haben, weil sie weder an Orten mit vielen Migranten wohnen, noch an Arbeitsplätzen mit vielen Migranten arbeiten und zu deren Bekannten- und Freundeskreis oftmals auch erstaunlich wenig Migranten gehören – gerade diejenige Menschen nutzen gern die Möglichkeit, sich öffentlich vehement gegen Pegida zu positionieren.

In der schriftlichen Diplomprüfung meines sozialwissenschaftlichen Studiums ging es beim dem Thema sozialtherapeutischer Handlungsansätze unter anderem um die „Gegenüberstellung und Vergleich des monokausalen und des systemischen Standpunktes“. Ich hasse solche hochtrabenden Formulierungen, die keine andere Funktion haben, als etwas Einfaches zu etwas Komplizierten aufzubauschen. Denn man kann dies natürlich auch verständlicher formulieren, wie zum Beispiel: Gegenüberstellung und Vergleich des Ansatzes der Nichtberücksichtigung mit dem Ansatz der Miteinbeziehung familiärer und gesellschaftlicher Hintergründe. Letzterer Ansatz steht momentan anscheinend nicht mehr hoch im Kurs: sich die Mühe machen, einen Blick auf Zusammenhänge zu werfen und das Zusammenspiel von familiären und sozialen Faktoren zu berücksichtigen. Wir sind wieder in der Zeit der einfachen Erklärungen gelandet. Das erspart nicht nur das Nachdenken, sondern vor entbindet uns auch von der Mitverantwortung.

Ich glaube nicht, dass das, was sich gerade in Deutschland abspielt, schon als Bürgerkrieg bezeichnet werden kann. Aber ich würde nicht mehr ausschließen, dass es eine dahingehende Entwicklung gibt. Und diese Entwicklung wird ganz bestimmt nicht durch Standpunkte verhindert, wie sie Lamya Kaddor oder Wolfgang Thierse vertreten. Auf der einen Seite die Ansicht, Menschen nur als Opfer der Gesellschaft zu sehen, ohne dabei im Geringsten zu hinterfragen, ob deren Gewaltbereitschaft vielleicht doch auch etwas mit den familiären und kulturellen Wertvorstellungen zu tun haben könnte. Auf der anderen Seite der Standpunkt, dass Menschen anscheinend völlig grundlos, quasi aus tiefster Böswilligkeit Hass und Feindschaft gegen andere entwickeln.

Wir sind mehr denn je davon entfernt, uns die Mühe des genauen Hinsehens zu machen. Denn dann würden wir so manches sehen, was unbequem und anstrengend ist und die Bequemlichkeit der Einteilung in Opfer und Täter erschwert. Und dann müssten wir vielleicht sogar irgendwann auf unsere liebgewonnenen Feindbilder verzichten.