Der Roman einer Jüdin. Der Roman einer Muslimin.
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Die Frau, die anderen ihr Leben widmet, ist eine Frau, die keinen Mann fand, dem sie ihr Leben widmen konnte“
Tawfiq al-Hakim
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Die Girls von Riad“ von Rajaa Alsanea
Rajaa Alsanea ist eine siebenunddreißigjährige Frau aus Saudi-Arabien, die im Jahr 2005 einen Roman über vier junge Frauen veröffentlichte, der von den Lebensgeschichten ihrer Freundinnen inspiriert war.
Da ist Kamra, die nach ihrer Heirat feststellt, dass ihr Mann schon lange eine Geliebte hat, auf die er nicht verzichten will und der sich nach einem Streit von Kamra scheiden lässt und sie samt Kind verstößt.
Da ist Sadim, die einen Mann liebt, der sich trotz seiner Liebe zu ihr von seinen Eltern zu einer arrangierten Ehe zwingen lässt und die sich daraufhin entschließt, ihren Cousin zu heiraten, der zwar nicht ihr Traummann ist, aber der sie anbetet. Für Sadim ist dies nicht die erste Ehe, denn sie war schon einmal verheiratet, erhielt aber die Scheidungspapiere, weil sie sich ihrem Mann nicht verweigerte, obwohl nur die standesamtliche Trauung und noch nicht die religiöse Trauung vollzogen worden war.
Michelle ereilt ein ähnliches Schicksal wie Sadim, als sie von ihrer großen Liebe verlassen wird, weil dessen Mutter sie als Schwiegertochter ablehnt. Auch sie freundet sich später mit ihrem Cousin an, wobei offen bleibt, ob sich daraus eine Liebe entwickelt.
Lamis gelingt es als einziger, den Mann ihrer Träume dazu zu bringen, sie zu heiraten, indem sie sich eisern an die Ratschläge ihrer Mutter hält, jede Annährung zu verweigern und sich konsequent jeder Äußerung von Gefühlen zu enthalten.
Alle vier Frauen sind gebildet und studieren Informatik, Literatur, Verwaltungsmanagement oder Medizin. Die Autorin selbst hat Zahnmedizin studiert und entstammt einer Arztfamilie.
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Unorthodox“ von Deborah Feldman
Deborah Feldman ist eine zweiunddreißigjährige Amerikanerin, die im Jahr 2012 einen autobiographischen Roman über ihre Kindheit in einer ultraorthodoxen jüdischen Gemeinde veröffentlichte.
In dem Roman geht es um die Zeit, die Deborah Feldman als Kind und Jugendliche in Williamsburg/Brooklyn in der ultraorthodoxen Gemeinde der Satmarer aufwuchs und um ihre Entscheidung, diese Gemeinde zu verlassen.
Beide Romane geben einen tiefen und aufschlussreichen Einblick in die jeweilige Kultur und beide Bücher beschreiben eine Gesellschaft, die voll und ganz auf die Bedürfnisse der Männer ausgerichtet ist. Das ist allerdings die einzige Gemeinsamkeit der beiden Bücher.
Während Deborah Feldman einen radikalen Bruch mit ihrer Familie und ihrer Gemeinde vollzieht, bleibt Rajaa Alsanea ein Teil von ihr. Dies ist natürlich zum großen Teil auch darin begründet, dass Amerika die Freiheit bietet, eigene Wege einzuschlagen, während dies in Saudi-Arabien gar nicht möglich ist. Aber damit allein kann man die Unterschiedlichkeit der beiden Bücher nicht erklären. Der entscheidende Gegensatz liegt darin, dass Rajaa Alsanea dieser Welt auch innerlich verhaftet bleibt. Sie beschreibt zwar kritisch, wie wenig Selbstbestimmung ein Frauenleben beinhaltet, aber das alles bestimmende Thema des Buches ist einzig und allein die Beziehung zum Mann. Und folglich besteht das einzige Dilemma im Leben einer Frau nur darin, sich diesen nicht frei aussuchen zu dürfen.
Deborah Feldmann hingegen beugt sich nur widerwillig dem Gebot einer Eheschließung und dies nicht deswegen, weil der von der Familie vorgeschlagene Mann ihr nicht gefällt, sondern weil sie eigentlich gar nicht das Bedürfnis nach einer Beziehung hat. Ihre Kritik an der Gesellschaft in der sie lebt, ist sehr viel grundlegender und beschränkt sich nicht nur auf das Thema der Partnerwahl. Schon als Teenager leidet sie darunter, keine Bücher lesen zu dürfen und tut alles, um sich diesen Wunsch heimlich zu erfüllen. Das, worunter sie leidet, ist die Enge und Dogmatik des Denkens.
Interessant beim Vergleich der beiden Bücher ist der Umstand, dass die arabische Autorin in äußerst wohlsituierten Verhältnissen lebt, während Deborah Feldmann in Armut aufwächst. Rajaa Alsanea erwähnt immer wieder wie selbstverständlich die zum Haushalt gehörenden „Dienerinnen“ oder philippinische Kindermädchen, die sich um das Kind ihrer nicht berufstätigen Freundin kümmern. Genauso selbstverständlich und nebenbei werden auch die Luxusartikel erwähnt, die zum Leben der Protagonistinnen gehören. An keiner Stelle wird dies thematisiert, geschweige denn kritisch hinterfragt.
Die vier Freundinnen Rajaa Alsaneas absolvieren alle mit Selbstverständlichkeit eine akademische Laufbahn, wohingegen sich Deborah Feldman die Möglichkeit einer Ausbildung erst erkämpfen muss. Dabei ist es sehr aufschlussreich, welche unterschiedlichen Stellenwert Bildung für die beiden Autorinnen hat: Während für Rajaa Alsaneas Freundinnen Bildung lediglich ein Statussymbol darstellt, ist sie für Deborah Feldman Passion.
Alsaneas Roman mag zwar eine Kritik an der in Saudi-Arabien herrschenden eingeschränkten Möglichkeiten für Frauen darstellen, von einer grundlegenden Kritik oder gar Analyse der hierfür verantwortlichen Faktoren ist er meilenweit entfernt. Die wahre Erfüllung in einem Frauenleben ist unhinterfragt die Beziehung zum Mann. So endet dann auch das Buch mit der Aussage: „
Was ich vom Leben erwarte: „Ich wünsche mir eine Liebe, die mich für immer erfüllt (…). Ich wünsche mir einen Mann, der mit mir fühlt und mich beschützt (…). Ich wünsche mir eine glücklich Ehe zu führen (…). Ich wünsche mir gesunde Kinder (…). Ich würde sie lieben wie ich meinen Mann liebe, nicht nur, weil es meine Kinder sind, sondern weil sie ein Teil von ihm sind. Das wünsche ich mir für mein Leben“.
Deborah Feldman schließt mit den Worten: „
Ich habe meinen Platz in der Welt gefunden (…). Die Menschen wollen wissen, ob wir Glück gefunden haben; doch was wir gefunden haben, ist besser: Authentizität. Ich bin fei, ich selbst zu sein, und das fühlt sich gut an. Wenn irgendwer jemals versuchen sollte, Dir vorzuschreiben, etwas zu sein, was Du nicht bist, dann hoffe ich, dass auch Du den Mut findest, lautstark dagegen anzugehen“.
Als ich das Buch durchgelesen hatte, habe ich mir sofort den zweiten Band „Überbitten“ geholt. Ist schwieriger zu lesen, aber genauso empfehlenswert.
dass ein saudischer Frauenroman, wenn er denn all das in Frage stellen würde, was die Autorin hier versäumt hat, in Saudi Arabien gar nict erscheinen darf, ja dass die Autorin sogar verfolgt würde? Die Verhältnisse dort sind ja mehr als schlimm.
Andererseits kann es auch ein ehrlicher Einblick in die Lebenswelt etablierter, saudischer Frauen sein. Feministische, westliche Romane der 80er ließen oft den Schluss zu, die Revolution sei schon vollzogen und wir bräuchten keine Männer, außer als Lustobjekte. Dabei gibt es auch heute noch haufenweise Frauen in westlichen Industrienationen, die noch immer total Männerfixiert sind und sich nach dem einfühlsamen Versorger mit Status sehnen.