Im Lande des Hightech IV – warum es einen Kulturschock darstellt, von Korea in den Süden Hamburgs zurückzukehren
Fortsetzung von
hier.
Seit fast einem Monat sind wir nun schon von unserer Koreareise zurückgekehrt und diesmal war die Rückkehr anders als bei unseren vorherigen Asienreisen. Zuvor kehrten wir zwar auch immer wehmütig zurück, aber es war zugegebenermaßen auch nicht unangenehm, wieder alle Annehmlichkeiten der Zivilisation zu genießen, zu denen beispielsweise ein verlässliches öffentliches Verkehrssystem, Regeln im Straßenverkehr und last not least auch saubere Toiletten gehören. Korea steht jedoch in diesen Bereichen Deutschland in keiner Weise nach, was aber noch nicht den Kulturschock bei meiner Rückkehr erklärt, denn diesmal waren die Verhältnisse umgekehrt:
Während die Straßen und öffentliche Plätze Koreas sauber sind, sind die Straßen meines Wohnviertels vermüllt und verdreckt. In Korea wird überall sichtbar Mülltrennung praktiziert, den zu meinem Mietshaus gehörigen Mietern ist Mülltrennung völlig egal und Hausmüll wird in die Biotonne entsorgt während Plastik im Altpapiercontainer landet. Öffentliche sanitäre Anlagen waren in Korea immer sauber, während die öffentlichen Toiletten in Hamburg oftmals die Ekelgrenze überschreiten.
Zwischen dem Verkehrsverhalten der koreanischen Autofahrer und dem der Autofahrer im Süden Hamburgs liegen Welten. Hier ist das Straßenbild geprägt von getunten 3er-BMWs, deren hirnfreie Fahrer die Straßen als Rennpiste nutzen und die bei den nichtigsten Anlässen andere Straßenteilnehmer mit wüsten Beleidigungen und Drohungen bombardieren.
Besonders nachdenklich macht der Umstand, dass ich während meines ganzen Urlaubs nur zwei Bettler gesehen habe, wohingegen hier im Süden Hamburgs das Straßenbild von Bettlern geprägt ist.
In Korea gibt es im Straßenbild keine Geschlechtertrennung, Frauen und Männer bewegen sich gemeinsam in der Öffentlichkeit. Dies ist im Süden Hamburgs ein wenig anders, in sogenannten Kulturvereinen sind grundsätzlich keine Frauen erwünscht und wenn Jugendliche in Gruppen unterwegs sind, handelt es sich sehr oft um ausschließlich männliche Jugendliche. Übrigens sieht man in Korea im Gegensatz zu Hamburg keine Frauen in Vollverschleierung. In den Tempeln beten Frauen und Männer gemeinsam und die Zeremonie kann sowohl von einem Mann als auch von einer Frau angeleitet werden, was in vielen religiösen Einrichtungen Hamburgs undenkbar wäre. In Berlin hat die Praxis des gemeinsamen Betens und des durch eine Frau angeleiteten Gebets sogar zu massiven Morddrohungen und der Erfordernis eines ständigen Polizeischutzes für einen der Betreiber geführt.
Koreaner sind ausgesprochen höflich, kommt es ungewollt zu versehentlichem Anrempeln wird eine Entschuldigung lächelnd angenommen. An meinem Wohnort ist so eine Situation schnell mit einer latenten Bedrohung oder zumindest mit heftigen Beleidigungen verbunden.
Nein, Korea ist nicht perfekt und auch dort gibt es wie in jedem anderen Land auch Kriminalität, Korruption und soziale Ungerechtigkeit. Aber dennoch scheint dies nicht das gleiche Ausmaß wie bei uns zu haben und es ist eine äußerst spannende Frage, woran dies wohl liegen könnte. In meinem Reiseführer trägt das Kapitel über die Geschichte Koreas den Titel „
Vom Armenhaus zum Tigerstaat“. Als ich vom Hamburger Flughafen wieder in mein Wohnviertel zurückkehrte fühlte ich das genaue Gegenteil: „
Vom Tigerstaat ins Armenhaus“.