Fortsetzung von
Israel (2)
Nazareth 02.10.15
Habe gerade eben noch den Bus nach Nazareth erreicht. Leicht ist es nicht, sich zu den richtigen Busstationen durchzufragen. Mein Guesthouse habe ich durch das Internet entdeckt. Das Fauzi Azar in Nazareth hätte ich allein wahrscheinlich nicht gefunden, aber im Bus spricht mich ein Amerikaner an, der schon einmal dort war und jetzt erneut dorthin will und so gehen wir zusammen. Die Altstadt ist ähnlich wie die in Jerusalem, kleine, enge Gassen mit ausschließlich Geschäften. Allerdings sind die merkwürdigerweise um 19.00 Uhr schon alle geschlossen, so dass alles sehr unwirklich wirkt, fast wie eine Geisterstadt.
Das Fauzi Azar ist nicht irgendein Hotel im Ort, sondern fast schon eine Institution hier in Nazareth. Am folgenden Morgen mache ich eine vom Guesthouse gratis angebotener Tour durch die Stadt, die mit einer kleinen Einführung in die Geschichte des Guesthouse begann. Das rund zweihundert Jahre alte Haus, in dem sich das Fauzi Azar befindet gehört seit Generationen einer arabischen Familie. Die junge Frau, die in perfektem Englisch die Familiengeschichte schildert, erzählt die Geschichte ihres Großvaters, der in den 80er Jahren bei einem Brand im Haus ums Leben kam. Er opferte sich selbst, um das Haus seiner Familie zu retten und den Brand zu löschen. Irgenwann später machte dann ein Geschäftsmann der verwitweten Großmutter das Angebot, sie bei der Führung eines Guesthouses zu unterstützen. Das Ungewöhnliche daran ist, dass es sich bei diesem Mann um einen Juden handelte, der keine Bedenken hatte, gemeinsam mit einer arabischen Familie ein Guesthouse zu führen. Die Großmutter fand die Vorstellung eines gemeinsamen Geschäfts zuerst abwegig und erwiderte auf diese Idee: "
Don't talk about piece between jews and arabs ." Aber dann siegte doch die Vorstellung, den in der Unterhaltung sehr kostspieligen Familienbesitz auf diese Art behalten zu können.
Bei allem wirkten die Töchter und Enkelkinder unterstützend mit und beim Erzählen der Enkelin wird deutlich, dass das Haus, für das ihr Großvater sein Leben opferte, ein starkes Band zwischen den Familienmitgliedern bildet.
Mein Zimmer gleicht mit seinem hohen aus Natursteinen gemauerten Deckengewölbe eher einem Kirchenraum als einem Zimmer. Und der Innenhof mit Gewächsen und Springbrunnen erinnert an ein Serail. Kein Wunder, dass dieses Guesthouse fast immer ausgebucht ist.
https://abrahamhostels.com/nazareth/the-fauzi-azar-story/
In Nazareth besuche ich die sogenannte Verkündigungskirche, die an der Stelle gebaut wurde, an der Maria die Geburt ihres Sohnes verkündet worden sein soll. Die Kirche ist absulut modern, aber in der Mitte befindet sich tatsächlich sehr altes Gemäuer.
Was allerdings viel beeindruckender ist, sind die vielen Mariendarstellungen an der um die Kirche herumführenden Mauer. Es sind dort Mariendarstellungen von jedem Land angebracht. So gibt es dann eine Abbildung, auf der Maria und Jesus chinesische Kimonos tragen und chinesische Gesichtszüge haben. Die aus Thailand stammende Abbildung gleicht eher einem buddhistischen Tempelbild als einem biblischen. Und auch die aus Südamerika stammenden Abbildungen sehen völlig anders aus als gewohnt in ihren farbenprächtigen Gewändern.
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