Das hatten wir schon mal
Als jemand, der aus dem Norden stammt, hielt sich mein Interesse für Karnevalsumzüge immer in Grenzen. Zwar hatte ich als Kind und als Jugendliche großen Spaß an Faschingsfeten, weil ich schon immer ein Faible fürs Verkleiden hatte, aber die Karnevalsumzüge und Büttenreden lösten bei mir wenig Begeisterung aus.
Was jedoch irgendwann bei mir Interesse weckte, war der historische Hintergrund des Karnevals. Irgendwo an der Schweizer Grenze stieß ich durch Zufall auf ein Fastnachtsmuseum, in dem man sowohl fantastische alte Kostüme bewundern konnte als auch sehr gut illustrierte Informationen über die Entwicklung des Karnevals erhielt. Und es ist der historische Bezug, der deutlich macht, dass Karneval früher mehr war als reiner Spaß an Gaudi und Blödelei. In einer Zeit, in der unbedingter Gehorsam gegenüber Obrigkeiten herrschte, gab es jene drei Tage, an denen ausnahmslos jeder frank und frei seine Meinung sagen durfte. Ob Lehnsherr, Klerus oder Politiker – jeder musste es aushalten, sich in den sogenannten närrischen Tagen die Meinung sagen zu lassen. Manche halten es für heuchlerisch, sich so für den Karneval zu begeistern, wenn an den übrigen 362 Tagen wieder das alte Prinzip des Gehorsams vor der Obrigkeit gilt. Aber dessen ungeachtet darf man nicht außer Acht lassen, dass der Karneval immerhin als einzigartige Gelegenheit Raum für den Ausdruck der Idee der Meinungsfreiheit gab. Und es sind die Ideen, die den Grundstoff einer Veränderung bilden.
In der heutigen Zeit kommen mir die Karnevalsumzüge allerdings immer ein wenig antiquiert vor. Jeder kann überall und jederzeit sagen, was er denkt – was ist da so besonders an den Wagen mit ihren Anspielungen und Parodien auf gesellschaftspolitische Ereignisse? Unter den Bedingungen der Meinungsfreiheit hat die eigentliche Funktion der Karnevalsumzüge erheblich an Bedeutung verloren.
So sah ich es bisher, aber heute wurde der größte Karnevalsumzug im Norden Deutschlands aufgrund von islamistischen Terrordrohungen kurzfristig und völlig überraschend abgesagt. Es stellt eine traurige Ironie dar, dass es im Jahr 2015 zu etwas kommt, was selbst in den dunklen Jahrhunderten des Mittelalters völlig undenkbar war. Plötzlich wird etwas, das bislang als normal und selbstverständlich galt, seiner Normalität und seiner Selbstverständlichkeit beraubt. Während es selbst in der Knechtschaft des Feudalismus oder im Untertanenstaat des deutschen Kaiserreichs das Recht gab, seine Meinung – und sei sie noch so unbequem und aufsässig – frei und lauthals zu äußern, wird dieses Recht jetzt sang- und klanglos genommen. Bezeichnenderweise gab es eine vergleichbare Situation nur während des Dritten Reichs.
"Es gibt keinen Humor, es gibt kein Gelächter, es gibt keinen Spaß im Islam."
Ayatollah Chomeini
behrens am 16. Februar 15
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