Sich an fremden Orten wie zuhause fühlen
Obwohl ich ja eigentlich gar nicht mehr soviel in andere Blogs gucken will, habe ich gerade eine sehr lesenswerte Umfrage im Blog von Sturmfrau gelesen. Das Thema des Beitrags lautet Heimat. Und obwohl Reisen im Grunde das Gegenteil von Heimat ist, fiel mir beim nochmaligen Lesen nicht mein Heimatort, sondern meine Reisen nach Griechenland ein.

Ich bin sehr heimatverbunden, aber mit Anfang zwanzig verliebte ich mich in Griechenland. Es war keine Liebe auf den ersten Blick, denn der erste Urlaub gefiel mir nur mittelmäßig, mir war das Land viel zu heiß und die Landschaft viel zu karg und ausgedörrt. Aber beim zweiten Urlaub funkte es. Plötzlich war mir Griechenland so vertraut, dass ich mich dort sofort wie zuhause fühlte. Ich liebte die Musik – Rembetiko und Tsifteteli – , das Essen, die weißen Häuser mit den daran hochrankenden Bougainvillea, die Tavernen und überhaupt alles. Ich begann Griechisch zu lernen und verbrachte jeden Urlaub in Griechenland.

Das Merkwürdige war, dass ich, wenn ich in einem griechischen Dorf in einer Taverne oder einer Ouzerie saß, sofort zu einer Gelassenheit und Ruhe fand, die ich hier in Deutschland so noch nie empfunden habe. Einfach nur da zu sitzen und zu gucken – ohne Erwartung, ohne konkrete Ziele und Pläne – das war mir in der Form nur in Griechenland möglich.

Ich glaube nicht an frühere Leben. Aber wenn ich dran glauben würde, dann wäre ich mir sicher, dass zumindest eines meiner früheren Leben sich in Griechenland abspielte.

Ich stelle mir gerade eine typische Situation vor: eine Taverne zur Mittagszeit. Man hört nur das Zirpen der Grillen und sonst nichts. Es riecht nach Thymian und Zitronenmelisse. Alles ist überaus einfach, aber nichts fehlt. Neben mir alte Männer, die schweigend ihren Kaffee aus winzigen Tassen schlürfen. Es passiert überhaupt nichts und es muss auch überhaupt nichts passieren. Es ist perfekt.

Wieso kann man in einem fremden Land mehr zur Ruhe kommen als im eigenen?


„Die Seele findet in Griechenland ihren Hafen, denn es lässt kein Begehren ungestillt.“
Johannes Gaitanides