Kategorie blanker Unsinn
Zu vergessen und zu lächeln ist weit besser, als sich zu erinnern und traurig zu sein.
Christina Rossetti (1830-1894)
Kompletter Unsinn, denn das Vergessen ist genau das, was Menschen daran hindert, zu reifen und sich weiter zu entwickeln. Die Unfähigkeit zu trauern. Man muss sich seiner traurigen Erlebnisse erinnern um daran zu wachsen. Erst wann man diese Trauer gespürt und durchlebt hat, kann man wirklich lächeln. Ein wahres Lächeln, das auf Lebendigkeit und nicht auf Vergessen beruht. Und bezogen auf die Gesellschaft ist das allzu schnelle Vergessen geradezu verheerend, denn dann werden lächelnd genau die gleichen Fehler erneut begangen.
Der Ausspruch erinnert darüber hinaus an Demente, die nur noch vor sich hinlächeln, egal was um sie herum geschieht. Oder ist das vielleicht doch erstrebenswert…..
wuhei am 16.Mai 10
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Hi,
dieses Zitat stammt von einer Frau aus einer Zeit, in der es vermutlich pure Überlebensstrategie war, das, was man ihr angetan hatte, zu vergessen.
Man kann auch nicht an allen traurigen Erlebnissen wachsen, der Tod meines Sohnes begleitet mich immer und ich kann darüber niemals lächeln, sondern nur gelernt, damit zu leben.
Ich wachse an der Erkenntnis eigener Dummheit, an überwundenen Verletzungen und kann darüber auch sehr erleichtert lachen. Iris
behrens am 17.Mai 10
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Es ist das Schlimmste überhaupt, einen geliebten Menschen zu verlieren und nur nach sehr langer Zeit wird aus dem Schmerz eine Erinnung an den Menschen, die nicht mehr schmerzt.
Aber dem Vergessen stehe ich nach wie vor skeptisch gegenüber. Besser ist das Loslassen, das zwar die Gefühle wie Trauer und Hass vergisst, aber nicht die Erinnerung als solche.
Und vielleicht provoziert mich der Spruch so, weil ich zum einen schlimme Erfahrungen gemacht habe mit Menschen, die einfach Erinnerungen wegdrücken, zum anderen ist es aber auch etwas, womit ich mich manchmal zu schwer tue. Wenn man eine schmerzliche Erinnerung an etwas oder jemanden hat, darf man nicht gleich die gesamte Gegenwart negieren. Denn wenn es gelingt, sich wieder eine lebenswerte Gegenwart zu schaffen, dann muss man dies auch wahrnehmen und schätzen. Nur so kann man sich weiterentwickeln.
Vergessen ist etwas, das uns in allzu kritischer Situation das Überleben sichert. Das ist etwas, das ich mit Sicherheit sagen kann.
Aber es besteht ein gravierender Unterschied zwischen Überleben und Leben, und vielleicht liegt da der Hase im Pfeffer. Das Lachen oder Lächeln als Lebensäußerung und als echter, gefühlter und authentischer Ausdruck ist nur dann möglich, wenn man in seinem Leben zuhause ist, und das bedeutet, man muss hingesehen haben, muss sich kennen und entspannt genug sein, um loslassen zu können.
Vergessen und Verdrängen verhindert diese Haltung, und so ist ein Lächeln, das sich über Vergessenes legt, nichts weiter als Kosmetik, die einem selbst und anderen den Eindruck vermitteln soll, nichts sei geschehen.
Was wir verdrängen und vergessen müssen, hängt indes in ganz großem Maße davon ab, wie die Resonanz unserer Mitmenschen auf unsere Gefühle und Erlebnisse ist. Eine liebevolle Hand, ein offenes Ohr, Akzeptanz machen das Hinsehen leichter und das Vergessen überflüssig.
Im Übrigen geht es ja nicht darum, über den erlittenen Schmerz zu lachen oder aus allem einen Sinn zu ziehen. Die Erkenntnis, dass auch schmerzhafte Erfahrungen ihren Platz haben, gelingt nur im Hinsehen, nicht im Vergessen, und wenn man das schafft - vielleicht auch mit der Hilfe anderer - dann hat das echte Lachen trotzdem einen Platz.