Kategorie blanker Unsinn
Beweisen lässt sich die Liebe nicht. Jeder liebt allein, wie man allein betet.
Rhel Antonie Friederike Varnhagen von Ense (1771-1833)
Das halte ich für blanken Unsinn. Liebe äußert sich in Taten. Liebe, die nicht Tat wird, ist keine Liebe. Jemanden lieben heißt nichts anderes, als denjenigen vor Leid bewahren zu wollen. Wer jemanden wirklich liebt, wird nie zulassen, dass derjenige leidet und er wird deswegen nie anders können, als immer und überall alles zu tun, um den geliebten Menschen vor Leid zu schützen.
Wer wirklich liebt, hat keine Wahl mehr. Ob er will oder nicht - er muss dem anderen beistehen, denn wer liebt, spürt das Leid es anderen, als wäre es sein eigenes, vielleicht sogar noch stärker. Wer tatenlos zusieht, wie jemandem Leid zugefügt wird, der liebt nicht. Weder allein noch sonstwie.
Liebe läßt sich lupenrein und zweifellos beweisen. In jeder Sekunde, in jeder Situation. Und Liebe läßt sich daher auch widerlegen. Wer jemanden nicht vor Leid bewahrt, liebt nicht. Vielleicht begehrt oder schwärmt er . Aber mit Liebe hat das nichts zu tun. Begehren kann man auch ein Stück Kuchen und Schwärmen kann man auch für ein Klavierkonzert. Wirkliche Liebe beweist und offenbart sich erst durch die Tat.
Eine unbequeme Wahrheit. Aber das sind Wahrheiten meist. Wer es bequem will, sollte es bei Torte und Klaviersonaten belassen. Und es nicht Liebe nennen.
Klassentreffen - alles genauso und doch ganz anders

Gestern fand es nun endlich statt – das lange vorbereitete Klassentreffen. Und nicht eine einzige meiner Befürchtungen hat sich bestätigt. Es war der schönste und witzigste Abend, den ich seit langem verbracht habe. Keine einzige Sekunde war „Mein Haus, meine Frau, mein Auto“ Thema. Es ging eigentlich die meiste Zeit um das, was früher alles passiert war - und das war eine Menge. Und wir waren uns alle einig, dass unsere Klasse etwas Besonderes war. Ziemliche Charakterköpfe mit Ecken und Kanten. Es ist erstaunlich, wie sich Menschen trotz eines langen Zeitraums und der damit verbundenen Entwicklung nicht nur äußerlich, sondern auch in ihren grundlegenden Wesenszügen immer noch sehr ähnlich sind.
Der Abend klingt immer noch in mir nach. Denn im Grunde ging es nicht nur um ein Klassentreffen. Es ging um die kurzeitige Rückkehr in eine Zeit, in der ich glücklicher war als jetzt. Je mehr ich über alles nachdenke, desto mehr wird mir klar, dass es hierbei um Authentizität geht und dass die eigene Authentizität von der der anderen abhängt. Menschen, die nicht authentisch sind, projizieren die eigene Nichtauthentizität in andere hinein und sind dadurch unfähig, andere so wahrzunehmen, wie sie tatsächlich sind. Wenn Menschen sich nicht gegenseitig wahrnehmen können, kommuniziert man zwangsläufig aneinander vorbei. Manche können damit umgehen. Ich leider nicht. Obwohl in unserer damaligen Klasse nicht immer nur eitel Sonnenschein herrschte, sondern es auch Streit gab, war das Miteinander klar und direkt. Ein schönes Gefühl, so wahrgenommen und akzeptiert zu werden, wie man nun mal ist.
Eigentlich war der gesamte Abend das genaue Gegenteil von meinem normalem Lebensalltag. Ich hatte schon fast vergessen, wie es ist, wenn es keine Diktatur der Alphamännchen gibt und man endlose Gespräche führen kann, ohne dass diese durch dumpfe Platituden bestimmt werden und es nur um Geldanlage und Außenwirkung geht. Und wie herrlich angenehm Offenheit, Esprit und wirklicher Humor sein kann.
Sehr berührt hat es mich, dass sich alle bei mir bedankt habe und ich sogar kleine liebevoll ausgesuchte Geschenke bekommen habe. Obwohl es so viel Arbeit nun auch nicht war, habe ich dafür viel Anerkennung erhalten. Etwas nicht als selbstverständlich hinnehmen – auch das habe ich schon seit langem nicht mehr erlebt.
Abende wie gestern gibt es viel zu selten - schade.
Hass als Testament
Vermächtnis
Nun mein Leben geht zu End,
Mach ich auch mein Testament;
Christlich will ich drin bedenken
Meine Freunde mit Geschenken.
Diese würd’gen, tugendfesten
Widersacher sollen erben
All mein Siechtum und Verderben,
Meine sämtlichen Gebresten.
Ich vermach euch die Koliken,
Die den Buch wie Zangen zwicken,
Harnbeschwerden, die perfiden
Preußischen Hämorrhoiden.
Meine Krämpfe sollt ihr haben,
Speichelfluß und Gliederzucken,
Knochendarre in dem Rucken,
Lauter schöne Gottesgaben.
Kodizill zu dem Vermächtnis:
In Vergessenheit versenken
Soll der Herr eur Angedenken,
Er vertilge eur Gedächtnis.
Heinrich Heine (1797-1856)
Ich atme erleichtert auf, wenn ich sehe, dass es außer mir auch noch andere gibt, die aus tiefer Seele hassen. Ich befinde mich nicht in schlechter Gesellschaft, wenn selbst ein großer Dichter wie Heine seinem Hass nicht nur ein ganzes Gedicht widmet, sondern dabei die Vorstellung der Rache genussvoll im Detail auskostet.
Hass ist ein unehrenhaftes Gefühl, das ist wahr. Aber der Anlass, der zu diesem Hass führt, steht dem in nichts nach. Ich hätte nichts dagegen, lammfromm zu sein – wenn ich nur von lammfrommen Menschen umgeben wäre. Und ohne die näheren Zusammenhänge zu kennen, bin ich mir sicher, dass Heines Verwünschungen nicht die Falschen getroffen haben...
behrens am 16. April 10
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