Der kleine aber feine Unterschied zwischen Sensibilität und Empfindlichkeit
Es gibt Menschen, die ohne Rücksicht auf Verluste losholzen. Walzen, Alphamännchen, Dumpfbacken – sie alle nehmen nicht die geringste Rücksicht, wenn es darum geht, sich durchzusetzen. Und manchmal passiert etwas, was anscheinend zu selten passiert: Menschen wehren sich und geben Kontra. Und dann werden genau diese Menschen, die andere mit ausgeprägter Rücksichtslosigkeit behandeln, plötzlich zu Mimosen. Plötzlich ist Sensibilität angesagt und ein empörter Aufschrei ist zu hören: „Wie kannst du nur so etwas sagen?“ Und es wird an das Gewissen der anderen appelliert: „Du mußt doch Rücksicht nehmen. Du darfst doch andere nicht verletzten“.

Es gelten plötzlich Regeln, die die Alphamännchen, Walzen und Dumpfbacken selbst nie beachtet haben und auch nie beachten werden. Menschen, die sich permanent im Ton vergreifen, die bei anderen Angst und Schrecken verbreiten, entdecken auf einmal die Sensibilität für sich. Menschen, die andere wie Immobilien behandeln, ihnen die Rolle von Statisten zuordnen oder andere feist und bequem nach Strich und Faden ausnutzen, empören sich plötzlich über die ach so gemeine Behandlung.

Nein, meine Herren Alphamännchen und meine Damen Dumpfbacken und Walzen! Wer auf anderen herumtrampelt kann sich nicht auf seine angebliche Sensibilität berufen. Nur weil sich niemand traut, Euch mal offen die Meinung zu sagen, heißt es noch lange nicht, daß andere Euer Verhalten nicht auch zum Fürchten finden. Nur weil die Meisten vor Euch kuschen, erhaltet Ihr noch keinen allgemeinen Freibrief.

Sensibilität ist erst dann Sensibilität, wenn sie auch den Anderen mit einschließt. Wenn auch das Gegenüber geachtet und respektiert wird. Das, was die Alphamännchen, Dumpfbacken und Walzen an den Tag legen, ist lediglich Empfindlichkeit. Ein weinerliches und selbstmitleidiges um die eigene Person kreisendes Gefühl, das aufkommt, wenn andere irgendwann einmal zurückschlagen anstatt einzustecken.

Wenn Ihr etwas beklagen wollt, dann beklagt nicht die Menschen, die Euch endlich mal mit dem konfrontieren, was fast jeder über Euch und Euer Verhalten denkt. Ein Verhalten, das anderen Menschen die Hölle auf Erden bereiten kann. Ein Verhalten, daß jeden in die Flucht schlagen würde, wenn denn jeder die Möglichkeit zur Flucht hätte.

Und das ist der kleine, aber feine Unterschied von der Sensibilität zur Empfindlichkeit – sensibel für die Gefühle anderer zu sein oder aber nur für die eigenen Gefühle.




Das Problem mit den Alphamännchen, Dumpfbacken etc. ist, dass sie gar nicht merken, wie ihr Verhalten ankommt. Für sie ist das völlig normal.
Wenn ihnen dann ein normaler Mensch durch entsprechendes Verhalten mal den Spiegel vorhält, sind sie beleidigt - oder eben sensibel getroffen.
Man wird sie also kaum ändern können.

Ja, das stimmt. Einzige Möglichkeit ist die des Ignorierens. Das muß ich erst noch lernen. Es einfach auch mal so hinzunehmen, wenn Menschen so sind wie sie sind. Wenn möglich, sich Lebensumstände schaffen, in denen man mit Menschen zu tun hat, die anders sind. In Bezug auf Arbeit ist dies aber eben nun mal nicht so einfach.

Auseinandersetzungen sind immer nur dann möglich, wenn alle Beteiligten überhaupt eine Vorstellung davon haben, daß nicht immer nur die anderen Schuld an etwas sind, sondern auch man selbst. Wenn das nicht möglich ist, dann gibt es auch keine Auseinandersetzung sondern nur Beleidigungen und Schuldzuweisungen. Dann bleibt eben auch nur das Ignorieren als Reaktion.

Naja, im Betrieb ist das so eine Sache mit Auseinandersetzungen. Bei uns wird auch gern ein Schuldiger für irgendwelche Probleme gesucht. Das scheint in der Natur des Menschen zu liegen. Dabei wäre es meiner Meinung nach besser, g e m e i n s a m nach Lösungen für das Problem zu suchen.

Das Wesentliche bei Problemlösungen ist, ob ein Problem überhaupt als solches angesehen wird. Solange man bestimmte Verhaltensweisen als normal ansieht, muß man auch keine Lösungen suchen. Betrügereien der Geschäftsführer, Alphamännchengehabe und derbe Beleidigungen müssen zuerst einmal als etwas Problematisches empfunden werden, damit auch der Wunsch nach Änderung besteht.