Liebe und Leidenschaft
Sie ist schön und mehr als schön; sie ist voll von Überraschungen. Schwarz wiegt in ihr vor: und alles, was sie einem offenbart, ist nächtlich und tief. Ihre Augen sind zwei Höhlen, in denen wie durch Nebel, das Geheimnis glitzert, und ihr Blick leuchtet auf wie der Blitz: ein Feuerausbruch in der Finsternis. Ich würde sie mit der schwarzen Sonne vergleichen, wenn man sich ein schwarzes, das Glück und das Licht ausgießendes Gestirn vorstellen könnte. Doch sie läßt eher an den Mond denken, der sie mit seinem bedrohlichem Einfluß gezeichnet haben muß; nicht der weiße Mond der Idyllen, de einer kalten Braut gleicht, sondern der böse und berauschende, in der Tiefe einer Gewitternacht schwebende, und von den eilenden Wolken gerüttelte Mond; nicht der friedliche, verschwiegene Mond, den den Schlaf der reinen Menschen besucht, sondern der dem Himmel entrissene, besiegte und aufrührerische Mond, den die thessalischen Hexen in harter Nötigung zwingen, auf dem erschreckten Grase zu tanzen. In Ihre schmalen Stirn wohnen hartnäckiger Wille und Raublust. Doch unten an diesem beunruhigenden Gesicht, wo bewegliche Nasenflügel das Unbekannte und Unmögliche einsaugen, leuchtet mit unaussprechlicher Anmut, das Lachen aus einem großen, roten und weißen und entzückenden Munde, der von dem Wunder einer prachtvollen Blume träumen läßt, aufgeblüht auf vulkanischer Erde.

Es gibt Frauen, die man besiegen und derer man sich in Liebe erfreuen möchte; aber bei ihr sehnt man sich danach, unter ihrem Blick langsam zu sterben.


Charles Beaudelaire (1821-1871)

Da ich seit einiger Zeit hier einen Beitrag mit dem Titel Ehe und Moral und einen von mir ständig ergänzten Kommentar "Kleine Gemeinheiten über die Ehe" habe, ist es an der Zeit, auch mal dem Thema Liebe ein bißchen Aufmerksamkeit zu widmen.

Und genauso wenig wie Ehe etwas mit Liebe zu tun hat, so hat auch Leidenschaft nichts mit Liebe zu tun. Es mag Berührungspunkte geben, aber die Qualitäten beider Gefühle sind völlig andere. Und darüber möchte ich ein wenig schreiben.




Herr Beaudelaire phantasiert
Nimmt man einmal dieses schöne Liebesgedicht - und es ist ein schönes - näher unter die Lupe, dann erfährt man nichts über die Angebetete. Man erfährt, wie Beaudelaire seine Angebetete sieht. Würde die Angebetete sich selbst auch so beschreiben? Würde die beste Freundin, die Mutter oder irgendein naher Freund sie so beschreiben? Wohl kaum.

Herr Beaudelaire phantasiert. Und das ist für uns alle wunderschön zu lesen. Aber mit der so poetisch beschriebenen Frau hat das alles höchstwahrscheinlich überhaupt nichts zu tun. Mit Liebe auch nichts. Hier geht es um Leidenschaft und um Begehren. Liebe erfaßt das Wesen eines Menschen. In seiner unergründlichen Tiefe. Leidenschaft und Begehren drücken die Gefühle des Begehrenden aus. Der angebetete Mensch ist Projektionsfläche. Nicht mehr und nicht weniger. Mit Liebe hat das nichts zu tun.

Dämmerstunde
Im Sessel du, und ich zu deinen Füßen,
Das Haupt zu dir gewendet, saßen wir;
Und sanfter fühlten wir die Stunden fließen,
Und stiller war es zwischen mir und dir;
Bis unsre Augen ineinandersanken
Und wir berauscht der Seele Atem tranken.


Theodor Storm (1817-1888)

Den Atem der Seele trinken - man kann innere Verbundenheit wohl kaum besser ausdrücken. Gleichzeitig werden diese Art der Verbundenheit aber nur diejenigen spüren, die sich einer Seele bewußt sind. Wer sich sicher zu sein scheint, daß der Mensch nur eine Psyche oder eine Persönlichkeit hat, dem wird dieses Mysterium fremd bleiben. Es ähnelt ein bißchen dem Bereich, der in tiefer Meditation spürbar ist. Ein Bereich, in dem die Getrenntheit von anderen für Bruchstücke von Momenten aufgehoben ist. Dies ist auch das Mysterium der Liebe - oder das, was man so bezeichnet: Verschmelzung zweier Menschen. Ein Hineingleiten in einen Urzustand, den man unbewußt erinnert und den man mehr oder weniger ein Leben lang wieder erreichen möchte.

Aber wie gesagt.....
....das, was Storm wunderschön in einem Gedicht ausdrückt, ist eben ein Gedicht und Gedichte geben Wahrnehmungen wieder. Wahrnehmungen und Wahrheit sind nicht immer identisch. Gerade Storm, der diese Gedichte seiner angebetenen Dorothea geschrieben hat, hat eben diese Dorothea wenige Jahre später als "welke Blondine" bezeichnet - allerdings nicht in einem veröffentlichten Gedicht sondern in einem privaten Brief an einen Freund. Zwischen "Den Atem der Seele trinken" und "welker Blondine" liegen Welten. Was Storm allerdings nicht daran gehindet hat, die welke Blondine zu ehelichen. Wahrscheinlich waren da auch nicht so sehr tiefe Gefühle im Spiel, als vielmehr die Tatsache, eine Mutter und Haushälterin für seine 7 Kinder zu suchen.

So sehr ich Gedichte - und insbesondere die Storms - liebe, manchmal halte ich sie das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben sind. Zumindest, wenn es sich um Liebe handelt. Viel Getue um ein Gefühl, was sich binnen kürzester Zeit in Luft aufgelöst hat.

Keine Chance für Amor
Gegen Amor

Der kleine Wüterich mag mit den Pfeilen spielen
und tändeln, wie er will: er gewinnet mir nichts ab,
weil gegen seinen Pfeil ein Demant Herz ich hab.
Er machet mich nicht wund, ich darf nit Schmerzen
fühlen.

Er mag mit tausend List auf meine Freyheit zielen.
Ihm ich, dem blinden Kind, ein Zucker-Zeltlein gab:
er meint’, es wär mein Herz. O leicht-geteuschter Knab!
Ich will mein Mütlein noch an deiner Einfalt kühlen.

Schau, wie gefällt dir das! Trotz, spräng mir diesen Stein
mit deinem goldnen Pfeil. Der Lorbeer soll mich zieren,
nicht deine Dornen-Ros’ und Myrten-Sträuchelein.

Du meinst es sey nur Scherz, ich wolle mich vexieren.
Nein! nein! Die süße Ruh soll mir das Liebste seyn,
mein dapfers Herz soll nichts als Ruh und Freyheit
spüren.


Catharina Regina von Greifenberg (1633-1694)


Höchst erstaunlich, daß eine Frau des 17. Jahrhundert sich dies zu schreiben traute. Allerdings wiederum doch nicht so erstaunlich, wenn man bedenkt, daß in der Zeit nicht wenige Frauen es vorzogen, in ein Kloster einzutreten, um dort der Unterwerfung an einen Mann zu entgehen. Und Catharina von Greifenberg war eine sehr religiöse Frau.

Auf jeden Fall beschreibt hier eine Frau die Liebe nicht als eine mystische Dimension sondern als Fessel, der es zu entrinnen gilt. Amor als kleiner Wüterich und nicht als glücksverheißender Bote.

Ruhe und Freiheit als Gegenteil von Liebe. Kann dies ernsthaft jemand in Frage stellen?

Stimmt das wirklich?
Was aus Liebe getan wird,
geschieht immer jenseits von Gut und Böse.

Friedrich Nietzsche (1844-1900)

Ich weiß nicht, an was Nietzsche da gedacht hat.Vielleicht an die Nächstenliebe. Allerdings hat aber gerade Nietzsche die Nächstenliebe als ein dem Christentum entsprungenen Hang zum Schwachen angesehen, dem er verächtlich gegenüber stand.

Die sinnliche Liebe? Dann würde Nietzsche sich anders über Frauen geäußert haben und nicht den Gebrauch der Peitsche für den Umgang mit der Frau empfohlen haben.

Was meint er denn dann eigentlich? Vielleicht phantasierte er genauso wie Beaudelaire.

Kleine Gemeinheiten über Liebe und Leidenschaft
Die Eigenliebe hat vor der Liebe zum andern Geschlecht vieles voraus: keine Spur eines Widerstandes, grenzenlose Treue, ja eine leidenschaftliche Zunahme mit dem Alter; und – was das beruhigendste ist – es gibt keinen Fall von Selbstmord aus Eigenliebe.
Emanuel Wertheimer (1846 - 1916)
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Vom Leben weiß ich, dass man einander nicht lieben kann, nie wirklich.
Marilyn Monroe (1926-1962)
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An einer unglücklichen Liebe scheitert man zuweilen weniger als an einer glücklichen
Friedl Beutelrock (1889 - 1958)
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Der wildeste Haß ist noch lange nicht so häßlich wie die Lieblosigkeit.
Isolde Kurz
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Man kann wohl nur dort richtig hassen, wo man geliebt hat und es – wenn man das auch ableugnen möchte – immer noch tut.
Konrad Lorenz
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Es ist selten, daß man im Guten auseinander geht. Denn wenn man im Guten ist, geht man nicht auseinander.
Marcel Proust (1871-1922)
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Die meisten Menschen halten ihre Illusionen für ihre Gefühle.
Siegfried Thomas
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Wer dazu neigt, bei Liebeskummer aus dem Fenster zu springen, sollte sich eine Wohnung im Parterre suchen.
Alberto Sordi (1920-2003)
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Der Haß ist die Liebe, die gescheitert ist.
Søren Kierkegaard (1813-1855)
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Nichts verdunkelt unsere Erkenntnis mehr als Leidenschaften.
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
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Hab Dank. Wir waren Mann und Weib.
Es ist geschehn.
Nun lass uns wieder aufrecht gehn,
Allein und klar.

Franzika Gräfin zu Reventlow (1871-1918)
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Wir alle benutzen einander
und nennen es Liebe.

Tennessie Williams
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Die Liebe ist eine Krise,
die Abneigung hinterlässt.

Cesare Pavese
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Liebe beginnt häufig mit einem Irrtum,
an dem sie eines Tages scheitert.

Michael Schiff
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Liebe ist rigoros. Vor allem am Ende.
Bernd-Lutz Lange
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Zu Lessings Aphorismus: würde man in einigen Beziehungen die Leidenschaft wegnehmen, bleibt oftmals nichts Gemeinsames. Das ist der Unterschied zur tiefen Freundschaft. Leidenschaft hat mit Liebe genauso viel oder genauso wenig zu tun wie Eigenheim und Eigenkinder. Sie stellt genauso wie letzters lediglich ein Bindeglied dar aber kein Fundament.

Der Vorwurf des Pessimismus ist nur bedingt berechtigt. Hoffnung bietet wahre Freundschaft. Freundschaft nimmt den anderen in seiner Person mit allen Stärken und Schwächen wahr, ohne ihn ändern zu wollen. Freundschaft ist ein Akt des Erkennens und stellt im Gegensatz zur Leidenschaft und zum Eigenheim ein felsenfestes Fundament dar, das den Widrigkeiten des Alltags trotzt. Freundschaft kennt den Zauber der gemeinsamen Ziele und Werte und des Respekts vor dem Anderen.

Und immer wieder Rilke
Die Liebenden

Sieh, wie sie zu einander erwachsen:
in ihren Adern wird alles Geist.
Ihre Gestalten beben wie Achsen,
um die es heiß und hinreißend kreist.
Dürstende, und sie bekommen zu trinken,
Wache, und sieh: sie bekommen zu sehn.
Laß sie ineinander sinken,
um einander zu überstehn.


Rainer Maria Rilke


Und wieder Liebe in ihrer höchsten Form: in ihren Adern wird alles Geist... klingt fast schon religiös. Aber es klingt auch nach Märchen. Jedenfalls wenn man sich die meisten Liebenden ansieht. Paßt allerding wie die Faust aufs Auge in Bezug auf Abaillard und Héloise . Und die hat es ja tatsächlich gegeben.

Liebe Liebe Liebe
Menschen, die zueinander gehören, finden auf wundersame Weise immer wieder zusammen.
unbekannt
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Bei dem größten Verlust müssen wir sogleich umherschauen, was uns zu erhalten übrigbleibt.
Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
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Begehren kennt keine Ruhe.
Sprichwort aus England
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Lieben haben und Liebe fühlen ist nicht allzeit beisammen.
Gerhard Terseegen (1697-1769)
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Liebe, nur Liebe – sonst nichts! Führt zur Quelle der Liebe.
Johan Kaspar Lavater (1741-1801)
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Das letztlich Entscheidende bei jeder Romanze ist die Ungewissheit.
Oscar Wilde (1854-1900)
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Trennung im Leben ist schwerer als Trennung im Tode.
Theodor Toeche-Mittler (1837-1907)
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Man wird nie betrogen, man betrügt sich selbst.
Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
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Die Begehrlichkeit kennt keine Schranke, nur Steigerung.
Lucius Annaeus Seneca (ca. 4 v.Chr. – 65 n.Chr.)
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Über allem leuchtet die Liebe, die ewig bleibt.
Augustinus Aurelius (354-430)
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Was ist Liebe? Liebe ist, wenn man - ach was! Liebe ist Liebe
Erich Mühsam (1878-1934)
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Nie erfahren wir unser Leben stärker als in großer Liebe und in großer Trauer
Rainer Maria Rilke ((1875-1926)
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Die Liebe ist mächtiger als das Schicksal.
Giovanni Boccaccio (1313-1375)
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Wohl bringt die Liebe uns zuletzt auch Leid. Denn eines muss ja vor dem andern sterben.
Friedrich Hebbel (1813-1863)
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Heirate, wen du willst, aber versprich mir, dass ich immer dein Liebhaber sein werde.
Oscar Wilde (1854-1900)
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Die Liebe kennt ihre Tiefe nicht bis zu Stunde der Trennung.
Khalil Gilbran
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Das hat man doch nicht in seiner Macht, in wen man sich verliebt!
Henrik Ibsen
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Ist es ein Verbrechen, zu sehr verliebt zu sein?
Alexander Pope
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Trennung facht die Flamme an, Trennung ist's, die Amors Pfeile, mehr als Eidschwur - ewig fesseln kann.
Johann Christopf Friedrich Haug (1761-1829)
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Sich um die Liebe zu betrügen, ist der fürchterlichste Betrug; es ist ein ewiger Verlust, der sich nie ersetzen lässt, weder in der Zeit noch in der Ewigkeit.
Sören A.Kirkegaard (1813-1855)
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Lieben heißt loslassen. Wenn der geliebte Mensch zu Dir zurückkehrt ist er Dein, ansonsten war er es vielleicht nie.
Unbekannt
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Nirgends, Geliebte, wird die Welt sein, als innen. Unser Leben geht hin mit Verwandlung. Und immer geringer verschwindet das Außen.
Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)
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Jede unrechte Handlung, jede unwürdige Empfindung ist eine Untreue gegen die Geliebte — ein Ehebruch.
Novalis, (1772 - 1801)
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Die Erinnerung an alte Liebe erwacht schnell, wenn man sich in der Nähe des Wesens befindet.
Giacomo Girolamo Casanova (1725-1798)
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Vielleicht ist der größte Grad der Liebe, zu lieben ohne zu besitzen.
Marion Gräfin Dönhoff
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Wenn du jemanden wirklich aufrichtig liebst und mit ihm nicht mehr klarkommst, wann ist der Zeitpunkt gekommen, wo du sagst "Ich habe endgültig genug?
Niemals!"

Filmzitat aus "The Mexican"
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Es gibt nur eine Liebe, die von Dauer ist:
die Unglückliche.

Emanuel Wertheimer (1846-1916)
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Die größte Liebe ist immer die,
die unerfüllt bleibt.

Sir Peter Ustinow (1921-2004)
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Uns seit jeher war es so,
daß die Liebe erst in der Stunde der Trennung
ihre eigene Tiefe erkennt.

Khalil Gibran (1883-1931)
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Liebe ist der Entschluß,
das Ganze eines Menschen zu bejahen,
die Einzelheiten mögen sein, wie sie wollen.

Otto Flake (1880-1963)
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Nietzsches Lied eines theokratischen Ziegenhirten
Da lieg' ich, krank im Gedärm, -
mich fressen die Wanzen.
Und drüben noch Licht und Lärm!
Ich hör's, sie tanzen...

Sie wollte um diese Stund'
zu mir sich schleichen.
Ich warte wie ein Hund, -
es kommt kein Zeichen.

- Wie kraus und giftig macht
verliebtes Warten!
So wächst bei schwüler Nacht
Giftpilz im Garten.

Der Mond scheint schon ins Meer,
müd' sind alle Sterne,
grau kommt der Tag daher, -
ich stürbe gerne.

Friedrich Nietzsche (1844-1900)

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War das wohl der Grund für Nietzsches Frauenhaß? Er mußte zu oft vergeblich warten und dabei noch anhören, wie sich die Liebste offensichtlich amüsiert- das würde ich auch als triftige Entschuldigung anerkennen...

Liebe ist...
Mir hat neulich jemand ein kleines „Liebe ist...“-Büchlein in den Briefkasten gesteckt. Da stehen dann so Dinge geschrieben wie: „Liebe ist, ihr morgens den Kaffee ans Bett zu bringen“ oder „Liebe ist, ihn nicht beim Fußballspiel zu stören“.

Mir fällt etwas anderes ein. Vor vielen Jahren auf einer Asienreise ging ich in der Dämmerung mit meinem Freund in den Reisfeldern spazieren. Plötzlich preschte unmittelbar vor uns eine gelb-schwarz-gemusterte (also höchstwahrscheinlich giftige) Schlange in Angriffsstellung hoch. Dies geschah im Bruchteil einer Sekunde. Und genau im Bruchteil einer Sekunde riss mein Freund mich mit einem Ruck nach hinten – noch bevor er selbst nach hinten springen konnte.

Ich glaube, daß dies Liebe ist – zuerst an den anderen zu denken und dann an sich selbst. Sich um des anderen Willen einer Gefahr aussetzen um den anderen vor Gefahr zu schützen.

Zu solchen Stunden gehn wir also hin
und gehen jahrelang zu solchen Stunden,
auf einmal ist ein Horchender gefunden-
und alle Worte haben Sinn.

Dann kommt das Schweigen, das wir lang erwarten,
kommt wie die Nacht, von großen Sternen breit:
zwei Menschen wachsen wie im selben Garten,
und dieser Garten ist nicht in der Zeit.

Und wenn die beiden gleich darauf sich trennen,
beim ersten Wort ist jeder schon allein.
Sie werden lächeln und sich kaum erkennen,
aber sie werden beide größer sein...


Rainer Maria Rilke

Es gibt zahlreiche Gedichte von Rilke, die ich nicht vollständig verstehe. " Sie werden lächeln und sich kaum erkennen, aber sie werden beide größer sein". Wieso werden sich die Liebenden sich kaum erkennen? Bedeutet Liebe nicht gerade das Gegenteil, nämlich sich zu erkennen? Und wieso wird man, im Zustand des sich nicht Erkennens größer sein?

Aber dennoch die Zeile "Zwei Menschen wachsen wie im selben Garten und dieser Garten ist nicht in der Zeit" wunderschön. Vielleicht muss man nicht immer alles verstehen...

Lieber sterben als lieben

man sagt zwahr: Ich soll Dich hassen /
und nicht mehr lieben / wie ich pflag /
so kan ich doch nicht vohn dir lassen /
ich fliehe Dich auch / wie ich mag.

wie offt hab ich mir fürgenommen /
du solltest mir in meinen Sinn /
O Galatee / nicht mejr kommen /
Nein / Nein / ich hab dich lieb wie vorhin.

Wir sind je nicht zu gleich gebohren /
eß gleichen insre Sternen nicht /
mir hette Venus sich verloren /
die aber schien helles Licht.

Werd ich durch List dann hintergangen /
und hat man mir was beygebracht /
daß ixh so stest an die muß hangen /
und ruhe weder tag noch Nacht?

Seh ich Dich an / so fühl ich Schmerzen;
genieß ich Diener Gegenwart
so ist mir auch nicht wohl zuhm Herzen /
Ich stehe bey die / wie erstart.

Die Rede will mir ganz nicht fliessen /
Ich zittre wie ein Espen Laub /
der Augen Quell mus sich ergiessen /
Ich bin wie Sinnloß / stumb und taub.

Auchglaub ich / daß auß diser Ketten
aund auß dem Liebes Streit
mich Perseus selbst nicht könt erretten /
der doch Andromeden befreyt.

Darumb woll Cloto meinem Leben /
weil sonst mir nicht zu helffen steht /
die längst gewündschet' Endscaft geben /
dardurch ein Mensch der Lieb entgeht.

Sibylla Schwarz
(1621 - 1637)