Donnerstag, 25. Juli 2019
Israel 2019 (2)
Jaffa, 29.07.2019
Da wir in drei Tagen nach Hause zurückfliegen (müssen), geht es heute zurück nach Tel Aviv, wo wir dann den Leihwagen zurückgeben müssen. Alles gestaltet sich viel länger als geplant, aber letztendlich müssen wir kaum mehr bezahlen, die Mitarbeiter der Leihwagenfirma sind ausgesprochen nett.

Die letzten Tage wollen wir einfach nur ausspannen und wir genießen den Strand von Tel Aviv mit seinen schönen Sonnenuntergängen. Am vorletzten Tag sehen wir uns den Carmel Market in Tel Aviv an. Der Beduinen Markt in Ber Sheba verblasst vor diesem bunten quirligen Markt und wir können uns gar nicht genug sattsehen an den Bergen von Gewürzen und Früchten. Wir wollen dann noch einmal ausgiebig „Shakshuka“ essen, das ist eine Tomaten-Eierspeise. Als ich im Internet nach Rezepten suche, stoße ich auf „Dr. Shakshuka“, der sich direkt bei unserem Guesthouse befindet und dessen Restaurant hochgelobt wird. Es zeigt sich, dass das Lob nicht übertrieben war und wir haben ein tolles Abschiedsmahl.

Tiberias/Galiläa, 27.07.2019
Aus der Stille der Negev Wüste sind wir gestern am See Genezareth in Tiberias angekommen. Die Strandpromenade erinnert mich ein wenig an unser Volksfest im Norden, den Hamburger Dom.
Gestern sind wir dann um den See Genezareth gefahren und ich habe mir die Orte angesehen, die ich beim letzten Mal nicht besichtigen konnte, weil mein Guesthouse ausgebucht war. Die Brotvermehrungskirche konnten wir auch diesmal nicht besichtigen, da sie nicht geöffnet war. Dafür haben wir aber die Petruskapelle und Kapernaum angesehen. Mehr oder weniger per Zufall gelangten wir dann auch an den Berg der Seligpreisungen. Da es kurz vor Schließung des Geländes war, war es angenehm ruhig und man konnte diesen idyllischen Ort wunderbar genießen.

Bei fast allen Orten bin ich persönlich nicht sicher, ob sie tatsächlich den historischen Stätten entsprechen. Bei Kapernaum aber ist es etwas anderes, denn dort haben archeologische Grabungen tatsächlich einen Teil der Siedlung freigelegt, die in die Zeit Jesus datiert wird. Es ist schon sehr beeindruckend, an so einem Ort zu sein.

Mit Schrecken habe ich gelesen, dass vor zwei Jahren von israelischen Siedlern ein Anschlag auf die Brotvermehrungskirche verübt wurde, bei dem Teile der Kirche zerstört wurden. Das Motiv für die Tat bestand darin, dass die Attentäter eine moralische Verpflichtung spürten, Israel von Orten des "Götzendienstes" zu reinigen. Mich erstaunt es immer wieder, mit wieviel Energie Menschen Andersgläubige zu verfolgen. Der monotheistische Gott scheint ein äußerst eifersüchtiger und unduldsamer Gott zu sein. Ist es Zufall, dass die Entstehung der Demokratie und der Republik in die Zeit des Polytheismus fiel?

Negev Wüste, 25.07.2019
Nach zwei Tagen am Toten Meer sind wir gestern mit einem Leihwagen in die Negev Wüste gefahren. Hier wohnen wir jetzt in einer kleinen Holzhütte auf einer Kamel Farm. Ich bin vor vielen Jahren schon einmal auf einem Kamel durch die Wüste geritten. Allerdings war das in der Sandwüste der Sahara und der Ritt verlief zu ebener Erde. Als wir gestern losritten, habe ich es zuerst bereut, denn es ging auf und ab und manchmal ging es an derart steilen Abhängen entlang, dass mir Angst und Bange wurde, zumal die Negev Wüste aus Felsen besteht und man da schon sehr hart fallen kann. Aber nach einiger Zeit wurde ich etwas ruhiger und es war ein einmaliges Erlebnis. Unsere Hütte hat zu allen Seiten Fenster und ich kann neben uns direkt auf die Kamele sehen.

Heute sind wir dann mit dem Wagen durch die Wüste gefahren und haben uns einen Beduinen Markt in Ber Sheba angesehen. Danach ging es dann zu dem Kibbuz Sede Boker, in dem Ben Gurion seinen Lebensabend verbracht hat. Sein Haus, an dem nach seinem Tod nichts verändert wurde, kann besichtigt werden und es gibt diverse interaktive Angebote, um sich über sein Leben zu informieren , die sich insbesondere auch an Kinder richten. Man kann sich sicher vorstellen , dass erheblich idealisiert und alles Negative entsprechend weggelassen wird . Dennoch ist es äußerst beeindruckend, sich anhand der Fotodokumentationen darüber zu informieren, mit welchem Enthusiasmus aus einem Stück Steinwüste eine Oase gemacht wurde. Auch Ben Gurion war damals von dem entstehenden Kibbuz so beeindruckt , dass er sich spontan entschloss, dorthin zu ziehen .
Israel steht an erster Stelle, was die Erforschung der landwirtschaftlichen Möglichkeiten in Wüstengebieten betrifft. Insbesondere spielt dabei auch die Entsalzung von Meerwasser eine große Rolle.

Ich werde gleich noch den Kamelen einen Besuch abstatten und dann die endlich einsetzende Abendkühler genießen.



Dienstag, 16. Juli 2019
Israel 2019 (1)
Jerusalem, 18.07.19
Manchmal korrigieren sich falsche Eindrücke bei einer Wiederholung . Als ich vor vier Jahren in Jerusalem war, gab es dort jede Menge ultraorthodoxe Juden und ich war jetzt erstaunt , dass dies diesmal überhaupt nicht der Fall ist . Aber im nachherein kann ich mir das erklären, denn damals fand gerade das große Sukot Fest statt und aufgrund dieses sehr wichtigen religiösen Festes waren alle Gläubiger nach Jerusalem unterwegs.

Und noch etwas war völlig anders , denn während im ersten Israelurlaub Jerusalem im Vergleich zu Jaffa eher ruhig war , gibt es diesmal eine Reihe von großen Konzerten . Das besondere ist, dass diese - übrigens phantastischen - Konzerte im Davidsturm, bzw. in der Zitadelle stattfinden, ein mehr als 2500 Jahre altes Gemäuer, das von einer riesigen breiten Mauer umrahmt ist, auf der man spazieren gehen kann . außerdem gab es überall Künstler , die ihre Werke präsentieren . Das Ganze bei Nacht und Vollmond und mit Licht-Illuminationen, die eine fast schon surrealistische Atmosphäre schaffen .

Shabbat direkt an der Klagemauer mitzuerleben, ist ein besonderes Erlebnis. Am Freitag Abend bei einsetzender Dämmerung füllt sich der Platz an der Mauer und auch der Vorplatz rasant schnell. Irgendwann sind es dann so viele Menschen, dass auch schon auf dem Vorplatz gebetet wird. Die Menge der Gläubigen könnte gar nicht unterschiedlicher sein: Orthodoxe, Ultaorthodoxe und Gläubige, die völlig modern nach der letzten Mode gekleidet sind und bei denen lediglich durch die Kippa die Zugehörigkeit zum jüdischen Glauben erkennbar ist.

Jaffa, 17.07.19
Als wir gestern durch Jaffas Altstadt schlendern , entdeckte ich plötzlich eine Skulptur, die einen riesigen verbogenen Löffel darstellte. Dieser Löffel erinnerte mich unweigerlich an die Löffel , die Uri Geller in den 70er Jahren verbog und dies sagte ich auch laut . Daraufhin bemerkte jemand neben mir: "I am Uri Geller". Zuerst wollte ich das nicht so recht glauben , obwohl eine große Ähnlichkeit bestand. Daraufhin wurde mir angeboten, mir das einmal selbst anzusehen und wirklich - der schnell herbei geschaffene Löffel verbog sich wie von Zauberhand! Auch wenn ich immer noch nicht so ganz von telepathischen Fähigkeiten überzeugt war, so war dies doch eine witzige Begegnung, denn ich erinnerte mich an die damalige Fernsehshow , in der die Zuschauer aufgefordert wurden, kaputte Uhren zu berühren, während Uri Geller sich darauf konzentrierte , die Uhren wieder in Gang zu bringen. Damals funktionierte das trotz meiner Skepsis und natürlich sprach ich dies sofort im Physik Unterricht an. Ich werde nie vergessen , dass mein sonst so nüchterner Physiklehrer es tatsächlich für möglich hielt .

Jaffa, 16.07.19
Da mir Israel so gut gefallen hat, mache ich jetzt ein zweites Mal hier Urlaub, diesmal mit meinem Lebensgefährten. Die Anreise verlief chaotisch, denn als wir am Flughafen ankamen, wurde uns gesagt dass unser Flug nach Brüssel annulliert worden ist. Wir mussten also wieder nach Hause und am nächsten Morgen ein zweites Mal zum Airport.

Beim ersten Israelurlaub gefiel mir das Old Jaffa Hostel sehr gut, so dass es diesmal unsere erste Station ist. Wieder die wunderbare Dachterrasse und Gäste jeder Altersklasse und jeder Nationalität Als wir gestern Abend durch die Altstadt liefern, hörten wir plötzlich griechische (!) Musik. Es stellte sich dann heraus, dass es einen Old Jaffa Sommer gibt und jeden Montag gibt es "Greek Mondays" . Das letzte, was ich erwartet hätte, wäre hier in Israel Rembetiko Musik zu hören und ich konnte nicht an mich halten und musste tanzen. Ich habe mal nachgerechnet, dass ich das letzte Mal vor zwölf Jahren nach der wunderschönen Rembetiko Musik getanzt habe.

Gegessen haben wir dann im Restaurant "The old man and the sea" und zwar Mezze, das ist eine arabische Vospeisenplatte mit ungefähr 15 kleinen Schälchen mit Salaten, Cremes und Gemüse. Dazu hatten wir dann einen knallroten Sonnenuntergang. Was will man mehr an seinem ersten Urlaubstag?



Sonntag, 26. Mai 2019
Die Qual der Wahl
Es ist fünf Minuten vor sechs und jetzt dürfte es zu spät sein um zur Wahl zu gehen. Eigentlich hatte ich mich von Anfang an entschieden, nicht zu wählen. Aber natürlich prasselte von allen Seiten das Argument auf mich ein, dass man nur durch die Wahlbezeiligung einen Rechtsruck verhindern könnte. Ich habe es trotzdem nicht getan. Und nein - ich habe kein schlechtes Gewissen.

Ein Europa, in dem Journalisten, Regisseure und Schriftsteller nur noch mit Polizeischutz leben können, wenn sie eine bestimmte Religion kritisieren und viele deswegen aufgehört haben, ihre Ansichten öffentlich zu äußern, hat sich von dem demokratischen Recht der Menungsfreiheit verabschiedet. Das genau ist der Rechtsruck, vor dem man sich ebenso fürchten sollte, wie vor Rechtsradikalen. Nur das man diesen Rechtsruck nicht benennen darf, ohne selbst in die rechte Ecke gedrängt zu werden.
Heute habe ich gelesen, dass jetzt auch Ralph Ghadban aufgrund von Morddrohungen Personenschutz erhalten muss. Wahrscheinlich ist dies 99 Prozent aller Deutschen egal, sofern die ihn überhaupt kennen.
Eben kommt mein Freund vom Wahllokal zurück und ruft mir zu, dass er seine Pflicht getan hat. Ich hab's nicht.