Wie mögen sie sich wohl fühlen?
Ich frage mich manchmal, ob die beiden noch inhaftierten Frauen von Pussy Riot es wohl mitunter bereuen, für ihren Mut mit zwei Jahren strenger Lagerhaft büßen zu müssen.

Wie ich heute in einem Bericht im Spiegel las, wurden von Seiten des russischen Staates versucht, die Solidarität unter den Frauen zu untergraben, indem man einen Spitzel auf sie ansetzte. Und dabei wurden auch Briefe zitiert, die aus der Haft geschrieben wurden, in denen es darum geht, sich nicht in die Knie zwingen zu lassen. Eine der Frauen schrieb,, dass es das Wichtigste für sie sei, noch in den Spiegel schauen zu können.

Und an diesem Satz bin ich hängengeblieben. Ist es wirklich das Wichtigste, noch in den Spiegel schauen zu können, wenn man dafür unendlich viel Leid auf sich nehmen muss? Ob der Frau – ich glaube, es war Nadeschda Tolokonnikowa - nicht manchmal auch Zweifel kommen? Und erblickt sie im Spiegel nicht mitunter ein verbittertes und trauriges Gesicht? Bereut man es nicht mitunter doch, auf den bequemen und angenehmen Weg verzichtet zu haben, um seinen Idealen treu zu bleiben? Was die Frauen getan haben und auf sich nehmen, zeugt von großem Mut. Aber können der Mut und die Überzeugung, für die Freiheit zu kämpfen wirklich immer darüber hinweghelfen, dass zwei Jahre der Jugend gestohlen wurden?

Und auf der anderen Seite sitzt dieser erbärmliche ehemalige KGB-Leiter, der keinen Gedanken an andere Menschen verschwendet und dem es nie auf etwas anderes ankam, als seine feiste Position zu erhalten, die mit einer Fülle von Macht und Privilegien ausgestattet ist. Wie ich gerade gelesen habe, hat sich dieses Alphatier Anfang der 90er zum orthodoxen Glauben bekannt. Just nach den Umwälzung durch die Perestroika, durch die ein Glaubensbekenntnis nicht mehr mit gesellschaftlichem Abstieg verbunden war – kluges Timing.

Die Welt ist nicht gerecht und wird es nie sein. Und der ungeheure Mut der zwei Frauen, gegen Unrecht anzutreten macht sie zu Heldinnen. Aber dennoch bleibt für mich die Frage, ob es am Ende eines Lebens der Held ist oder aber der Opportunist, der etwas bereut. Ein Opportunist hat alle Vorteile genossen, die mit opportunistischem Verhalten verbunden sind während der Held durch seinen Mut auf vieles verzichten musste.

Was bleibt, ist dann nur die Sache mit dem Spiegel, in den man noch schauen kann.