Wenn die Argumente ausgehen – Sozialneid
Was macht man, wenn in einer Diskussion die Argumente ausgehen und man Mühe hat, konträre Meinungen zu widerlegen? Man verwendet merkwürdige Begriffe, deren geistiger Gehalt genauso dürftig ist, wie die sonstigen Gedankengänge ihrer Benutzer. Und dann kommt so etwas heraus wie der Begriff „Sozialneid“.

Dieser Begriff macht mit einem Schlag jegliche Diskussion über soziale Gerechtigkeit überflüssig. Denn diesem Begriff zufolge ist der Wunsch nach mehr Gerechtigkeit in Wahrheit nichts anderes als purer Neid. Man missgönnt den anderen einfach das, was man selbst nicht hat.

Nur gut, dass man den guten alten freudschen Begriff der Projektion zur Verfügung hat. Denn etwas anderes steckt nicht hinter Konstruktion dieses Unworts. Da wird in bemerkenswerter Unbedarftheit die eigene Werteskala in den anderen hineinprojiziert und wer selbst den Hals nie voll kriegen kann, vermutet dies auch bei anderen.

Diese äußerst einfach gestrickte Philosophie blendet allerdings aus, dass diejenigen, deren Ziel soziale Gerechtigkeit ist, gar nicht immer zu denen gehören, die selbst von sozialer Ungerechtigkeit betroffen sind. Und genau dieses Ausblenden ist das Bezeichnende an dieser Denkstruktur, die in ihrer Begrenztheit immer im eigenen Wertesystem steckenbleibt und sich um sich selbst dreht.

Es gibt Menschen, die sich unwohl fühlen in einer Welt, in der manche Menschen immer mehr an den Rand gedrängt werden. Eine Welt in der die Schere zwischen arm und reich immer größer wird. Menschen, die sich unwohl fühlen, obwohl sie selbst noch weit vom Rand entfernt sind.

Im besten Sinne zeugt der Begriff Sozialneid einfach nur von einem Mangel an Phantasie. Im schlimmsten Fall offenbart er jedoch ein beängstigendes Ausmaß an plumper Dummheit, die man in ihrer Gefährlichkeit nicht unterschätzen sollte.