Ich mag Lagerfeuer
Seit einigen Jahren hat es sich in unserem Freundeskreis eingebürgert, dass wir Pfingsten auf einen wunderschönen Campingplatz direkt an der Elbe verbringen. Der Platz ist ein Geheimtipp, nicht zuletzt, weil er Dünencharakter hat und man durch die vielen Bäume und Büsche gar nicht den Eindruck eines Campingplatzes hat. Es gibt eine mongolische Jurte, ein Zirkuszelt, ein Indianertipi und es gibt so manche Camper, die in ausrangierten Bau- oder Zirkuswagen wohnen. Außerdem findet man noch Uraltmodelle von Wohnwagen, die aus der Anfangszeit des Campings stammen. Auf dem Platz sind Lagefeuer erlaubt und vom Stand aus kann man die riesigen Schiffe beobachten, die in den Hamburger Hafen ein- und auslaufen. Sehr große Schiffe kann man sogar auch schon vom Platz aus sehen und es wirkt sehr beeindruckend, wenn man plötzlich Container oder die oberen Decks eines Kreuzfahrtschiffs über den Baumwipfeln dahingleiten sieht.

Während es an diesem Wochenende eher ungemütlich ist und man schon fast versucht ist, die Heizung wieder anzustellen, wurden wir am vergangenen Wochenende von der Sonne verwöhnt. Es war also ideal. Ich habe mich außerdem sehr gefreut, dass ein früherer Kollege, zu dem ich erst vor kurzem nach über 20 Jahren wieder Kontakt aufgenommen hatte, auch spontan zu unserem Treffen gekommen ist.

Was ich an unseren Campingtreffen immer besonders genieße, ist das Lagerfeuer, vor dem man bis spät in die Nacht sitzt. Und wie immer gab es dabei natürlich auch Gespräche über Gott und die Welt (und nicht über Gewinnmaximierung und PR). Irgendwie sind wir dann bei dem Recht auf Widerstand gelandet, das auch Gewalt mit einbezieht.

Während ich dieses Recht nur in einer Diktatur für gegeben halte, vertraten einige die Ansicht, dass es dieses Recht auch gab im Nachkriegsdeutschland, in dem sich die alten Nazis sofort wieder in der Politik breitmachten. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass der letztendlich in Gewalt mündende Widerstand der falsche Weg war. Als Beispiel für einen anderen Weg nannte ich Beate Klarsfeld, die Naziverbrecher verfolgte und auch immer noch verfolgt und diese ohne Selbstjustiz der Rechtsprechung zuführte. Sicher, die Aktion, bei der sie 1968 den damaligen Bundeskanzler Kiesinger ohrfeigte, ist strenggenommen natürlich auch eine Gewaltausübung, aber der körperliche Schaden, den eine Ohrfeige auslöst, hält sich in Grenzen. Das worum es ging, war eine moralische Ohrfeige für jemanden, der das menschenverachtende Regime von Anfang an mitgetragen hatte und der ohne irgendein Wort des Bedauerns übergangslos wieder in politische Positionen vordrang.

Aber auch jenseits der moralischen Frage nach der Berechtigung von Gewalt sollte man sich vor Augen führen, dass die Bevölkerung – um die es ja angeblich geht – meist verständnislos und ablehnend auf Gewaltaktionen reagiert.

Allerdings ist die Frage der Existenzberechtigung von Widerstand, der auch Gewalt rechtfertigt, ist so alt wie die Menschheit und wird daher auch an einem Lagerfeuer nicht gelöst werden. Aber es beruhigt es mich schon, dass es überhaupt Menschen gibt, mit denen man ohne in Streit zu geraten und ohne zu polemisieren, ausgiebig über so ein wichtiges Thema sprechen kann. Das ist doch selbstverständlich, wird jetzt mancher sagen. Nein, das ist es eben nicht! Ich weiß es mittlerweile sehr zu schätzen, wenn Menschen sich nicht nur über Geldanlage, Möbelkauf und schulische Leistungen der Kinder unterhalten. Und deswegen habe ich die zwei Abende am Lagerfeuer sehr genossen – trotz unterschiedlicher Standpunkte über einen Punkt voll und ganz einig zu sein: dass das Nachdenken und der gemeinsame Austausch wichtig ist.




Vorbei treffen
Liebe Frau Behrens, besser eine treffende Ohrfeige als zehn vorbeifliegende Schuhe. (-:)
Finden Sie nicht auch?
Gruß, T.

Lieber Herr Terra,

und das ist jetzt ein Beispiel für das in ihrem Blog genannte Phänomen der Synchronizität – absolut zeitgleich haben wir beide gegenseitig unsere Blogs gelesen und einen Kommentar geschrieben.

Und ich stimme Ihnen zu bei Ihrem Vergleich Ohrfeige – fliegende Schuhe!