Vom Geben und Nehmen - Emerenz Meier (1874-1928)
Geld
Ich wünsche denen, die ich liebe, Geld
Vor allen andern Gütern dieser Welt.
Denn wer keins hat, dem bleiben auch die andern
Stets fern, und mag er sich zu Tode wandern.
Es hält dir Freunde und Geliebte treu
Und macht dich schaffensfroh und wahr und frei.
Der Schlüssel ist's, ins Leben einzudringen,
Das Seil, sich dran emporzuschwingen.

Die Armut ist ein bodenloser Sumpf,
Wer drein versenkt, er müht sich, bis er stumpf
Ein Wurm nur mehr, kriecht seinen schmalen Steg,
Und kaum ein Schaf springt über ihn hinweg,
Das ihm nicht blökend zu verspüren gäbe,
Welch eine Kraft in seinen Beinen lebe.

Da sagen sie mit tugendspitzem Mund,
Der Reichtum mache niemand glücklich und
Was Gold ist, wird den Weg zur Münze finden. -
Sie mögen doch erst selbst als Wurm sich winden
Und unter Tritten um Erlösung beten,
Bis man wie mich sie vollends totgetreten!


Gestern habe ich eine „Fernsehnacht“ gemacht. Es gab auf BR die Filme „Wildfeuer“ und „Schiefweg“ von Jo Baier. Während Wildfeuer sich nur vage an das tatsächliche Leben von Emerenz Meier hält, ist der Film „Schiefweg“ ein sehr detailgetreuer und von Laien gespielter Film über die Kindheit von Emerenz Meier.

Einige Zeilen aus dem Gedicht „Geld“ wurden von Emerenz Meier schon im Alter von zehn Jahren geschrieben. Und wenn man sich vor Augen hält, wie entbehrungsreich und unmenschlich hart damals das Leben von Kleinbauern und Tagelöhnern war, dann bekommt das Gedicht eine bittere Realität.

Ungerechtigkeit habe ich schon immer als einen körperlichen Schmerz empfunden“ schreibt Emerenz Meier und deswegen widme ich ihr einen Beitrag. Ich habe tiefen Respekt vor Menschen, die Ungerechtigkeit nicht einfach übersehen.

Emerenz Meier wanderte übrigens als Erwachsene mit ihren Eltern nach Amerika aus, wo sich der Wunsch nach einem besseren Leben aber nicht erfüllte, sondern sie immer noch sehr hart um ihre Existenz kämpfen musste. Obwohl sie selbst kaum Geld hatte, schickte sie Pakete in ihre Heimat.

Und das ist etwas, was ich immer wieder feststelle: Menschen, die selbst kaum etwas besitzen, geben ab. Menschen, die mehr als genug haben, horten immer mehr und haben noch nicht einmal Skrupel, sich an denen zu bereichern, die selbst viel weniger haben.




Selig ist der Mensch, der nicht schuld ist an der Armut seiner Nebenmenschen.

Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827)