Die Sehnsucht nach Veränderung
Uta Ranke-Heinemann sagte mal, wenn sie überhaupt noch Unterschiede zwischen den Menschen mache, dann allenfalls nur noch zwischen Rauchern und Nichtrauchern. Ich bin darin noch nicht so weit, sondern sehe noch immer eine Menge Unterschiede zwischen den Menschen. Einer der für mich ganz bedeutsamen Unterschiede ist der der Sehnsucht nach Veränderung. Sowohl nach Veränderung von sich selbst als auch nach Veränderung der Lebensbedingungen.

Und ich sehe immer wieder, dass es keinen größeren Unterschied gibt als den zwischen Stillstand und Entwicklung. Das Leben als etwas Werdendes begreifen, als etwas, das nicht stillstehen darf. Ein Prozess der Reifung. Egal wie schwer dies erscheint und wie viele Rückschläge es gibt – trotz allem immer wieder den Versuch zu machen, etwas zu ändern. Dies ist nicht gleichzusetzen mit einer Negation der Gegenwart, vielmehr ist es ein Begreifen der Gegenwart als Aufgabe.

Dem Sich-Entwickeln sind Grenzen gesetzt, die es zu akzeptieren gilt. Aber innerhalb dieser Grenzen muss sich etwas bewegen. Und ich merke immer wieder, wie gut es tut, in Gegenwart von Menschen zu sein, für die ebenfalls das Werden wichtig ist. Sicher, man kann sich auch allein weiter entwickeln, aber das ist ungleich schwerer als in Gemeinschaft mit Gleichgesinnten.

Ich hatte mir in der vergangenen Wochen endlich mal wieder Zeit genommen für ein mehrtägiges Seminar. Und es tat mir gut, Menschen um mich herum zu haben, die auch auf der Suche sind nach Weiterentwicklung. Einige bezeichnen sich als „auf dem Weg“. Und so empfinde ich es auch. Sich bewegen auf ein Ziel hin. Sich nicht abfinden mit allem und jeden. Dabei können andere Menschen Anstöße und Hilfestellung geben. Sie können aber leider auch das Gegenteil bewirken und wie Bremsklötze wirken.

Diese Menschen, die nur nach materieller Veränderung gieren. Oder allenfalls noch nach Änderung ihres Körpergewichts. Die sich selbst in satter Zufriedenheit auf die Schulter klopfen und dabei oftmals ein Kreuz für ihre Mitmenschen sind. Die nicht nur selbst stillstehen sondern auch alles um sich herum zum Stillstand bringen. Die mit 15 genauso sind wie mit 40 und mit 40 genauso wie mit 70. Nichts tut sich, nichts bewegt sich.

Ich habe in dem Seminar erwähnt, dass es mir vorkommt wie die Metapher von den 7 fetten und den 7 mageren Jahren – wobei die Reihenfolge bei mir umgekehrt ist. Es scheint mir, als wären jetzt schon einige Jahre ins Land gegangen, in denen es an allem fehlt. Aber seit kurzem habe ich das Gefühl, dies ändert sich jetzt langsam. Ganz langsam tauchen Lichtblicke auf. Menschen, denen Solidarität genauso wichtig ist wie mir und denen Ducken zuwider ist. Menschen, die Spaß am Nach-Denken haben und die andere nicht ersticken mit ihren dumpfen Platituden.

All diese Menschen haben eins gemeinsam: sie entwickeln sich weiter. Manche langsam, manche schneller, manche mit zeitweiligen großen Rückschritten, manche mit langen Pausen – aber es gibt eine Bewegung. Und das ist das, was diese Menschen wertvoll macht. Genauso wie Menschen durch ihren Stillstand auch das Wachstum anderer hemmen können, können Menschen durch ihr eigenes Wachstum auch die Entwicklung anderer fördern.