Dienstag, 28. Januar 2020
Heute vor 75 Jahren
Ich bin mit meinen Gedanken in Auschwitz. Und wie immer bin ich dabei fassungslos, denn man kann es nicht erfassen, was dort geschah. Gleichzeitig verspüre ich eine tiefe Hochachtung vor den Holocaustüberlebenden, die es sich zumuten, nochmals an diesen Ort des Schreckens zurückzukehren, um zu mahnen und zu erinnern. Und dabei berührt es mich immer wieder zutiefst, wie wenig Hass diese Menschen zeigen und dabei sogar auch noch oftmals darauf hinweisen, dass es Unterschiede zwischen den SS-Offizieren gab und nicht jeder ein Monster war. Ich hätte diese Großmut sicher nicht. Aber dies ist wohl auch der Grund meiner Bewunderung für die Holocaustüberlebenden – die Fähigkeit, sich sogar im Angesicht schlimmster Unmenschlichkeit und größten Leidens Menschlichkeit zu bewahren.

Das Massenmorden in Auschwitz war nur möglich, weil die Bevölkerung in einer Mischung aus Gleichgültigkeit, Bequemlichkeit und Obrigkeitsdenken kollektiv weggesehen hat. Hier müssen wir ansetzen, wenn es darum geht, eine Wiederholung der Geschichte zu verhindern. Und wenn uns das wirklich ernst ist, kommen wir nicht umhin, unsere Augen in alle Richtungen offenzuhalten. Antisemitismus gibt es nicht nur in der rechten Szene, sondern auch in linken Kreisen und unter Muslimen. Wenn Juden in Neukölln keine Kippa mehr tragen können, ohne tätliche Angriffe zu riskieren und wenn Linke offen zum Waren- und Kulturboykott Israels aufrufen, ist das nicht weniger schlimm, als wenn die AFD den Naziterror als „Vogelschiss in der deutschen Geschichte“ verharmlost. Es ist höchst besorgniserregend, wie sich in Deutschland eine Tendenz zur Relativierung des Antisemitismus etabliert.

Es mag unbequem sein, den Blick auch auf diejenigen zu richten, die selbst auch oft Diskriminierungen ausgesetzt sind, oder die für sich in Anspruch nehmen, die einzig wahren Verteidiger von Minderheiten zu sein. Bei beiden riskiert man, sofort in die rechte Ecke gestellt zu werden. Aber dies Unbequemlichkeit muss man sich zumuten.



Mittwoch, 15. Januar 2020
Was ich mir für das Jahr 2020 wünsche:
Ganz spontan wünsche ich mir für das Jahr 2020:

Ein riesengroßes Solidaritätskonzert der Toten Hosen für all diejenigen, deren Leben bedroht wird, weil sie von dem Recht der Meinungsfreiheit Gebrauch machen, sich kritisch gegenüber dem Islam oder anderen Religionen zu äußern. Ein großes Konzert, in dem sich endlich einmal solidarisiert wird mit Menschen wie Ayaan Hirsi Ali, Hamed Abdel-Samad, Raif Badawi, Robert Redeker, Seyran Ates.
Menschen, die sich nicht mehr frei bewegen können, sondern auf Schritt und Tritt bewacht werden verdienen Solidarität.

Eine selbstverpflichtende Aktion der Friday for Future Bewegung, ab sofort nichts mehr neu zu erwerben, was noch repariert oder ausgebessert werden kann. Dann würde ich mich vielleicht sogar dazu entschließen, freitags auch mitzumarschieren.

Lebenslanger Führerscheinentzug für Menschen, die durch illegales Wettrasen Menschen getötet haben. Da dieser Vorschlag mit Sicherheit als menschenverachtend kritisiert werden wird, eine Abmilderung der Strafe: ein kostenfreies Fahrrad oder wahlweise ein Dauerabo für öffentliche Verkehrsmittel.

Ab sofort für alle Bezieher von Hartz IV oder Grundsicherung die Möglichkeit, Museen oder Ausstellungen mit einer Ermäßigung des Eintrittspreises auf zwei Euro zu besuchen. Außerdem muss jedes Theater ein bestimmtes Kontingent von Karten für diese Gruppen bereitstellen, die nicht mehr als etwa 20 % des normalen Eintrittspreises betragen dürfen. Keine Angst, dass dies zu Riesenunkosten führen könnte - die meisten interessieren sich eh viel mehr für ihre Influencer als für Museen oder Galerien.



Donnerstag, 19. September 2019
Der riesengroße blinde Fleck im Kampf gegen Rechts – die Kairoer Erklärung der Menschenrechte
Noch nie etwas von der Kairoer Erklärung der Menschenrechte gehört?*1) Das dürfte wohl auf die meisten zutreffen, denn während jeder die UN-Menschenrechtserklärung kennt, ist die Kairoer Menschenrechtserklärung kaum jemanden bekannt. Das ist umso erstaunlicher, als dass alle Nationen mit überwiegend muslimischer Bevölkerung diese Erklärung ratifiziert haben und dazu zählen immerhin 56 Staaten!*2) Die spannende Frage ist, warum Muslime die UN-Erklärung für nicht ausreichend halten und es ihrer Ansicht nach zwingend einer eigenen Erklärung bedarf.

Die Antwort ist einfach: weil die vorbehaltslose Zustimmung zur UN-Erklärung zu einem Bruch mit den Werten des Islam führen würde. Oder etwas präziser ausgedrückt, die UN-Erklärung aus islamischer Sicht eine „Interpretation der säkularen judäisch-christlichen Tradition“ darstellt. Was immer man jetzt über diese Sichtweise denken mag, es handelt es hier um eine sehr klare und sehr eindeutige Abgrenzung, die eben nicht von dem nichtmuslimischen Teil der Welt vollzogen wird, sondern von den Muslimen selbst. Und genau dies sollte man berücksichtigen, wenn es um die Frage geht, woran Integration bisher gescheitert ist.

Worin besteht denn nun genau der Unterschied zwischen der UN-Erklärung der Menschenrechte (UN) und der Kairoer Erklärung der Menschenrechte (KE)? Die Antwort ist kurz und bündig: die KE lässt als einzige Quelle für die Auslegung und Erklärung jedes einzelnen Artikels ausschließlich die Scharia zu (Art. 25)! Folglich werden auch die meisten der Einzelartikel (betreffend beispielsweise Meinungsfreiheit, Gleichheit, körperliche Unversehrtheit, Verbot des Töten eines Menschen) abschließend ergänzt um die Formulierung: „außer es widerspricht der Scharia“ oder „außer wenn die Scharia es verlangt“! Jetzt wird so mancher Muslim sofort argumentieren, dass es sich bei der Scharia um ein perfektes Rechtsystem handelt, das zum Ziel hat, sowohl dem Einzelnen als auch der Gemeinschaft Grundrechte zu garantieren und vor Willkür zu schützen und somit beruhen die Vorbehalte der Nicht-Muslime einzig und allein auf Unkenntnis und Vorurteilen. Und genau hier kann es keine Diskussion geben, denn der Scharia – mag sie auch in manchen Bereichen den westlichen Rechtsnormen gleichen – liegt ein völlig anderes Verständnis von Gleichheit und Freiheit zugrunde als dem westlichen Wertesystem. Frauen werden explizit schlechter gestellt, was Erbrecht, Scheidung, Zeugenaussage, Wahl des Ehepartners und Gewalt in der Ehe betrifft. Meinungsfreiheit gibt es definitiv nicht, wenn es Kritik am Islam betrifft. Religionsfreiheit besteht de facto für niemanden, der vom Islam zu einer anderen Religion konvertieren will.

Die Scharia fußt auf Koran, Sunna, den Fatwas der Rechtsgelehrten und der Zustimmung des Scharia-Gerichts. Und wer sich einmal zumindest ein bisschen mit dieser Materie befasst, der weiß, dass das abendländische Rechtswesen hiermit nicht kompatibel ist.

Was aber eigentlich noch viel entscheidender ist, als die hier erwähnten Unterschiede, ist der Umstand, dass sich die Kairoer Erklärung der Menschenrechte ausschließlich auf Muslime bezieht. Die Mitglieder der Organisation der Islamischen Konferenz betonen, dass die Umma (= die muslimische Gemeinschaft) von Gott als "die beste Nation" geschaffen wurde. In Artikel 1 der KE wird der wahrhafte Glaube als Garantie für das Erlangen der Würde auf dem Weg zur Vollkommenheit postuliert. Mit anderen Worten: für diejenigen, die einem anderen (=unwahrhaften) oder gar keinem Glauben anhängen, gilt die Kairoer Erklärung der Menschenrechte nicht! Die Welt wird somit geteilt in Gläubige und Ungläubige und Ungläubige stellen eine Spezies zweiter Klasse dar.

Besteht da wirklich noch einen Unterschied zur Ideologie des Dritten Reichs, die durch die elitäre Vorstellung eines nordischen Herrenmenschen geprägt war, der dazu auserkoren ist, über den restlichen Teil der Menschheit zu herrschen? Und sind die Programme von AFD oder Pegida wirklich so viel schlimmer als dieses Postulat der Abgrenzung gegen sogenannte Ungläubige? In Deutschland wird gern mit den Vorteilen der bunten Vielfalt geworben, wenn es um das Zusammenleben mit anderen Kulturen geht. Aber spricht die Kairoer Erklärung, in der es in erster Linie um Abgrenzung gegen die nichtmuslimische Welt geht, tatsächlich für eine bunte und vielfältige Gesellschaft?

Es vergeht in Deutschland kaum eine Woche, in der nicht irgendwo zu einer Kundgebung gegen Rechts aufgerufen wird. Jeder Künstler und jeder Prominente, der etwas auf sich hält, ruft irgendwann einmal zum Kampf gegen Rechts auf und es gehört zum guten Image, sich lautstark gegen die AFD oder Pegida zu positionieren und offen zu beklagen, wie weit es schon wieder in Deutschland gekommen ist. Auch ich sehe den Rechtsruck in Deutschland mit Sorge und auch ich möchte verhindern, dass es jemals wieder zu solchen furchtbaren Gewaltexzessen wie 1992 in Rostock Lichtenhagen oder in Mölln (und viele andere) kommt. Aber ich stufe Anschläge, die aus Fremdenfeindlichkeit verübt werden, nicht als harmloser ein als Anschläge, die aus Hass auf westliche Wertvorstellungen verübt werden. Die Anschläge auf Redaktion von Charlie Hebdo und auf das Bataclan-Theater (und viele andere) machen deutlich, wie groß dieser Hass auf Demokratie, Pluralismus und vor allem auf Freiheit ist.

Allerdings gibt es keine Diskussion, in der nicht sofort auf jeden Hinweis auf die bestehende islamistische Gewalt damit gekontert wird, dass es sich doch nur um eine kleine Minderheit handeln würde und die übrige muslimische Welt nichts anderes möchte, als mit der nichtmuslimischen Welt in Eintracht und Frieden zu leben, weil sich letztendlich doch die beiden Wertesysteme harmonisch verbinden lassen. Es ist die die Kairoer Menschenrechtserklärung, durch die sich diese Einschätzung eindeutig als Trugschluss entpuppt. Und wer daran noch immer zweifelt, der sei daran erinnert, dass es mittlerweile auch in Deutschland, Frankreich und Holland Menschen gibt, die nur noch unter ständigem Polizeischutz leben können, weil sie sich das Recht nehmen, muslimischen Glaubenssätzen zu widersprechen (Seyran Ates, Hamed Abdel Samad, Mitarbeiter von Charlie Hebdo, Ayann Hirsi Ali und viele andere). Und während in Deutschland 40.000 Muslime für einen Diktator wie Erdogan auf die Straße gehen, gab es noch keine einzige Demo von Muslimen gegen die Gewalt gegen liberale Muslime.

Die Kairoer Erklärung ist, was die Ablehnung von Pluralismus und Demokratie angeht, an Eindeutigkeit kaum zu übertreffen. Wenn expliziert erklärt wird, dass alle Rechte und Freiheiten der Islamischen Scharia unterstehen, dann gibt es keinen Pluralismus und keine Demokratie mehr. Und wenn ausnahmslos alle Staaten mit muslimischer Bevölkerung diese Erklärung als für sie verbindlich ratifiziert hat, dann kann man nicht mehr von einer kleinen Minderheit sprechen.

Genau das ist es, was ich meine, wenn ich von dem riesengroßen blinden Fleck im Kampf gegen Rechts spreche.

*1) hier die ungekürzte deutsche Übersetzung der Kairoer Erklärung:
https://www.humanrights.ch/cms/upload/pdf/140327_Kairoer_Erklaerung_der_OIC.pdf

*2) in Wikipedia ist lediglich von 45 Staaten die Rede, im Jahr 1990 waren es auch nur 45 Staaten. Laut Auskunft von Human Rights Watch haben mittlerweile jedoch alle Staaten der Organisation der Islamischen Konferenz unterzeichnet.

Und hier eine kurze Gegenüberstellung der KE mit der UN:
https://www.anstageslicht.de/themen/religion/drei-religionen/menschenrechte-und-islam-kairoer-erklaerung/