Und nochmals Montaigne
Der Tod ist das Rezept gegen alle Leiden, ein ganz sicherer Hafen, den man nicht fürchten, sondern aufsuchen soll. Es kommt auf dasselbe heraus, ob der Mensch sich selbst sein Ende gibt oder ob er es erleidet .. Der freiwillige Tod ist der schönste. Das Leben hängt vom Leben anderer ab, der Tod nur von unserem Willen ... Leben heißt dienen, Sterben frei sein. Die allgemeine Entwicklung von Heilungen geht immer auf Kosten des Lebens: man zerschneidet uns, man zerstückelt uns, man schneidet uns Glieder ab, man nimmt uns die Nahrung des Blutes: ein Schritt weiter, und wir sind gänzlich geheilt.

Jetzt fragt man sich unweigerlich, warum Montaigne sich denn nicht umgebracht hat. Aber das ist er wohl - der unweigerliche Unterschied von Theorie und Praxis. Der Unterschied von hoher Philosophie und banalem Alltag. So wie Sokrates Gerechtigkeit predigte und sich nicht die Bohne darum kümmerte, wie seine Frau Xanthippe die gemeinsamen Kinder durchbringt. La grande philosophie et la vie quotidienne - um es schicker auszudrücken. Vielleicht ist es das, was die menschliche Existenz ausmacht: ein Auseinanderklaffen an allen Ecken und Kanten. Und wenn sogar die großen Philosophen davon nicht verschont werden, sollte ich meine Kollegen vielleicht auch nicht so hart beurteilen. Obwohl - Sokrates hat ja wirklich Veränderungen bewirkt....

Wie dem auch sei - ich könnte jedes Wort Montaignes unterstreichen. Und dennoch würde ich nicht seelenruhig zusehen, wie sich jemand umbringt. Und da, wie ich ja eben ausgeführt habe, auch der große Montaigne letztendlich einen ganz normalen Tod auf dem Sterbebett gestorben ist, muß ich mir auch keine überflüssigen Gedanken über rechtsphilosophischen Unsinn machen. Der Mensch ist viel zu kompliziert um ihn in Paragraphen zu zwängen. Lassen wir diesen Unsinn also.

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